Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

§ 39. Persönliche Unterschiede der Menschen im ältern Recht. 111 
1867 den Grunderwerb verboten. 31 Erst seit dem Bundesges. v. 3. Juli 1869 sind 
auch sie den Anhängern der drei Hauptbekenntnisse privatrechtlich gleichgestellt. 
7. a) In ältester Zeit war der Ausländer (der „Elende") völlig 
rechtlos; eine Ausnahme galt nur, wenn er vom Volk oder König in Schutz. 
genommen wurde; doch geschah das nur selten, und das Maß des Rechts, 
das er dank solchen Schutzes genoß, sowie die Dauer des Schutzes hing 
von dem Gutdünken des Volks oder des Königs ab.32 Seit der fränkischen 
Zeit verschwand dies strenge Recht:33 es galt jetzt als selbstverständlich, daß 
der Fremde unter dem Schutz des Königs oder des Landesherrn stand, und 
damit war seine völlige Rechtlosigkeit beseitigt. Doch war man weit davon 
entfernt, ihn den Inländern gleichzustellen, sondern beschränkte ihn in mannig- 
fachster Art, z. B. durch die Regel, daß der ausländische Erbe eines inländischen 
Nachlasses ½10—½/ seiner Erbschaft als sog. Abschoß an den Landesherrn, 
die Stadt oder den Grundherrn abgeben mußte. Zu einer grundsätzlichen 
Gleichstellung von In= und Ausländern in privatrechtlichen Angelegenheiten 
ist man erst während des vorigen Jahrhunderts gelangt; der Abschoß ist z. B. 
in Preußen erst 1822 aufgehoben.35 — Als Ausländer galt in den einzelnen 
deutschen Rechtsgebieten anfänglich nicht bloß der Welsche oder Slave, sondern 
auch der einem andern Rechtsgebiet angehörige Deutsche. Dabei ist es noch 
bis ins 19. Jahrhundert geblieben: erst die deutsche Bundesakte hat allen 
Bundesangehörigen den Erwerb des Grundeigentums und die Freiheit von 
Abschoß und verwandten Abgaben im ganzen Bundesgebiet gewährleistet, 
und die Reichsverfassung hat diese Gleichstellung sämtlicher Reichsangehöriger 
auf das ganze bürgerliche Recht ausgedehnt.7 
b) Eine besondre Rechtsstellung nahmen im älteren Recht die Juden 
ein, indem sie als Nichtchristen und als Ausländer zwiefach ungünstig behandelt 
wurden: an vielen Orten durfte jeder Jude nicht mehr als ein Haus und auch. 
dies nur im Judenviertel erwerben; der Erwerb von Landgütern wurde ihnen in 
vielen Gegenden ganz untersagt; Verträge zwischen Juden und Christen mußten 
gerichtlich abgeschlossen werden; jüdische Ehefrauen entbehrten der römischen 
Dotalprivilegien u. s. f. Andrerseits gewährte man aber den Juden auch 
mancherlei Privilegien, um ihnen den Handelsbetrieb zu erleichtern, da man 
den jüdischen Handel im Interesse der Staatsfinanzen und der Volkswirtschaft 
für unentbehrlich hielt: sie durften nämlich Zinsen nehmen, während den 
Christen regelmäßig die Zinsnahme verboten war, und als den Cbhristen ein 
Zinssatz von 5% gestattet wurde, kam den Juden immer noch das Privileg 
eines höheren Zinssatzes zu; ferner war der Verkauf von Fahrnis durch Juden 
besonders gesichert; ihr Familien= und Erbrecht wurde nach jüdischen Gesetzen 
31) Zorn-Rönne, preuß. Staatsr. 5. Aufl. (06) 2 S. 211. 
32) Heusler, Instit. 1 S. 145. 33) Lex Cham. 9. 
34) Stobbe 1 § 42. 35) Pr. Kab Ord. v. 11. April 22. 
36) Bundesakte 18. 37) RVerf. 3.
	        
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