§8 55, 56. Passive Geschäftsunfähigkeit. Personen, die vorübergeh. geistig gestört sind. 179
b) Personen, die bewußtlos oder vorübergehend geistig
gestört sind.
. 56.
I. 1. Von der Vornahme eines Rechtsgeschäfts sind außer den Geschäfts-
unfähigen auch Personen ausgeschlossen, die bewußtlos oder vorüber-
gehend geistig gestört sind, vorausgesetzt, daß die Störung ihnen die
sogenannte Willensfreiheit raubt (s. 105 II und oben S. 36 oben).
Beispiele. I. 1. Hierher gehören schlafende, hypnotisierte, in Fieberphantasien befangene
Personen. 2. Hierher gehören ferner Epileptiker, wenn die Anfälle von Geistesstörung, an
denen sie leiden, rasch vorübergehn und durch lange Pausen geistiger Gesundheit getrennt
sind. II. Nicht hergehörig sind dagegen; 1. Personen, die nur leicht berauscht sind, weil sie
noch einige Willensfreiheit haben; 2. Personen, die nur aus Zerstreutheit nicht wissen, was
sie tun, weil das Bewußtsein ihnen nicht völlig mangelt.
2. Die Rechtsgeschäfte, die eine Person der zu 1 genannten Art tatsächlich
vornimmt, sind gerade so nichtig, wie wenn sie von einer geschäftsunfähigen
Person vorgenommen wären (105 1I). Es liegt deshalb nahe, ihr das Epi-
theton „geschäftsunfähig“ gleichfalls zuzusprechen. Doch steht dem die Termino-
logie des bürgerlichen Gesetzbuchs bestimmt entgegen, die zwischen den ge-
schäftsunfähigen Personen und den Personen, die nur bewußlos oder nur vor-
übergehend geistig gestört sind, mit größter Kunst unterscheidet (s. 105, 1325).
Beispiel. A. entdeckt am Morgen nach einer Kneiperei an seinem Finger den Ring seines
Freundes B.; er kann sich nicht darauf besinnen, wie er zu dem Ring gekommen ist, erfährt
dann aber auf Nachfrage, daß B. ihm im Weinlaune den Ring geschenkt hat. Hier ist die
Schenkung nichtig, nicht wegen der Weinlaune B.s, sondern wegen der offenbar sinnlosen
Betrunkenheit A.#: die Schenkung war gültig angeboten, aber ungültig angenommen.
Daß die zu 1 genannten Personen im Sinn des BGB.s nicht „geschäftsunfähig“ sind,
ist wichtig, weil davon das Verständnis einer ganzen Reihe von Gesetzesstellen (131 I1,
206 usw.) abhängt. Doch ist sehr bemerkenswert, daß das Be#B. an seiner eignen ge-
quälten Terminologie anscheinend selber nicht streng festhält (s. 8, 682 usw.). Wozu dann aber
die Quälerei?
II. Während die Personen zu 1 in Ansehung der aktiven Geschäftsfähig-
keit, wie wir gesehn haben, den Geschäftsunfähigen zwar nicht dem Namen,
aber doch der Sache nach gleichgestellt sind, ist eine solche Gleichstellung in
Ansehung der passiven Geschäftsfähigkeit nicht vorgeschrieben. Vielmehr ist
die passive Geschäftssähigkeit der Personen zu I im bürgerlichen Gesetzbuch
schweigend übergangen. Dies Schweigen ist dahin zu verstehn, daß ihre pas-
sive Geschäftsfähigkeit nicht nach einer allgemeinen Norm, sondern nur unter
Berücksichtigung der Verhältnisse des Einzelfalls entschieden wird wie folgt:
1. Man kann eine empfangsbedürftige rechtsgeschäftliche Willenserklärung
gegenüber einer der Personen zu 1 dann gültig abgeben, wenn man nach Lage
des Einzelfalls ohne Unbilligkeit die besondre Lage, in der jene Person sich be-
findet, unbeachtet lassen darf.
2. Andernfalls wird eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die gegen-
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