Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

284 Buch J. Abschnitt 5. Rechtsgeschäfte. 
Dritte, dem gegenüber die Vollmacht wirksam sein soll, verlassen können. Dagegen erklärt der 
Vollmachtgeber selbstverständlich nicht, daß das Grundverhältnis auch in Zukunft fortbestehn 
werde; demnach muß sich der Dritte die Behauptung einer spätern Endigung des Grund- 
verhältnisses widerspruchslos gefallen lassen. 
Hellwig und andre leugnen die Unwiderruflichkeit der Vollmacht ganz: ein vertrags- 
mäßiger Verzicht des Vollmachtgebers auf das Widerrufsrecht habe nur obligatorische Wir- 
kung unter den Parteien. 
Selbstverständlich ist, daß der Vollmachtnehmer, sobald seine Vollmacht erloschen ist, 
die ihm etwa eingehändigte Vollmachtsurkunde dem Vollmachtgeber zurückgeben muß. Ja 
sogar dann, wenn der Vollmachtgeber ihm die etwa versprochene Vergütung oder Auslagen- 
erstattung noch nicht gewährt hat, darf er die Urkunde nicht zurückbehalten (175). 
g) Ist eine Vollmacht erloschen, so verliert sie ihre Wirksamkeit grund- 
sätzlich sofort, ohne daß es darauf ankommt, ob der Dritte, dem gegenüber 
die Vollmacht wirksam sein soll, das Erlöschen erfahren hat oder auch nur 
hat erfahren können. 
a) Doch wird dieser Grundsatz nur bei Vollmachten, die auf einer Voll- 
machtserteilung an die Adresse des Vollmachtnehmers beruhn, streng durch- 
geführt, erleidet dagegen bei allen andern Vollmachten weitgehende Ausnahmen. 
aga) Eine Vollmacht, die auf einer Vollmachtserteilung oder Vollmachts- 
anzeige an die Adresse eines Dritten beruht, verliert ihre Wirkung gegenüber 
diesem Dritten erst dann, wenn der Vollmachtgeber ihm das Erlöschen der 
Vollmacht anzeigt oder die Anzeige ihm gegenüber zurücknimmt (s. 170, 171 ID. 
#&8)Eine Vollmacht, die auf einer öffentlich bekanntgemachten Voll- 
machtsanzeige beruht, verliert ihre Wirkung gegenüber jedermann erst dann, 
wenn der Vollmachtgeber die öffentliche Bekanntmachung öffentlich zurücknimmt 
(171 I). 
7)) Eine Vollmacht, die auf Vorlegung einer Vollmachtsurkunde seitens 
des Vollmachtnehmers beruht, verliert ihre Wirksamkeit gegenüber denen, denen 
die Urkunde vorgezeigt ist, erst dann, wenn die Urkunde dem Vollmachtgeber 
zurückgegeben oder für kraftlos erklärt ist. Die Kraftloserklärung geschieht 
durch eine öffentliche Bekanntmachung des Vollmachtgebers; die Bekanntmachung 
bedarf gerichtlicher Bewilligung, ist nach den Vorschriften der Zivilprozeß- 
ordnung zu bewerkstelligen, die für die öffentliche Zustellung einer Ladung 
gelten, und wird mit dem Ablauf eines Monats nach dem letzten Einrücken in 
die Zeitungen wirksam; unzulässig ist sie, wenn der Vollmachtgeber die Voll- 
macht nicht widerrufen kann (172 II, 176). 
689) Die Ausnahmen zud finden keine Anwendung, wenn der Dritte das 
Erlöschen der Vollmacht bei Vornahme des Rechtsgeschäfts kannte oder kennen 
mußte (173). 
Beispiele. I. 1. A. hat den B. durch schriftliche Urkunde bevollmächtigt, in seinem 
Namen gewisse ihm gegen C., D. und E. zustehende Forderungen einzuziehn; B. hat die 
drei Forderungen auch wirklich eingezogen, obschon A. in der Zwischenzeit durch einen Brief 
an ihn die Vollmacht widerrufen und die Rückgabe der Urkunde gefordert hat; und zwar 
5) Hellwig, Verträge S. 97 205; gegen ihn v. Tuhr a. a. O., S. 49.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.