8 78. Privatpfändung. 349
Grundstück betreten hat.“ Es wird aber letzterer Beweis durch die Pfändung
tatsächlich sehr erleichtert.
g) Die Pfändung ist binnen 24 Stunden der Ortspolizei anzuzeigen, widrigenfalls
der Pfändende die gepfändeten Sachen sofort herausgeben muß. Die Polizei faßt Beschluß
darüber, ob die Pfändung aufrecht zu erhalten und wo das gepfändete Vieh vorläufig unter-
zubringen ist; gegen diesen Beschluß ist binnen 10 Tagen die Klage beim Kreisausschuß
zulässig; der Rechtsweg ist ausgeschlossen; nur wenn der Gepfändete Tatsachen glaubhaft
macht, aus denen die Unrechtmäßigkeit der Pfändung hervorgeht, hat die Polizei oder der
Kreisausschuß das Verfahren einzustellen und dem Beschädigten die Verfolgung seiner An-
sprüche im Zivilprozeß zu überlassen. Ist durch eine rechtskräftige Entscheidung die Pfändung
aufrecht erhalten, so werden die Pfandstücke von der Polizei versteigert; bis zum Zuschlage
behält der Gepfändete das Einlösungsrecht. Aus dem Verkaufserlöse oder der von dem Ge-
pfändeten zur Einlösung der Pfandstücke freiwillig eingezahlten Summe sind zunächst die
Kosten zu decken und sodann die Ansprüche des Pfändenden zu befriedigen, die auf Schadens-
ersatz jedoch nur dann, wenn sie binnen drei Monaten nach der Pfändung bei der Polizei
angemeldet sind; der überrest fällt an den Gepfändeten oder, wenn dieser nicht ermittelt
wird, an die Armenkasse.
b) Nach sächsischem Recht ist ein Privatpfändungsrecht auch dann anerkannt, wenn
unbefugterweise eine Person ein fremdes Grundstuck betritt; die Pfändung wird hier durch
Wegnahme irgendeiner Sache, die die Person bei sich trägt, und falls dies nicht tunlich ist,
durch Festhaltung der Person selber ausgeführt; doch ist die Festhaltung der Person vom
BGB. auf den Fall beschränkt, daß die Voraussetzungen des Notangriffs vorliegen, also
namentlich auf den Fall, daß der Schuldige unbekannt oder unsicher ist (sächs. BGB. 488 ff.,
E. 89). Die preußischen Feld= und Forstpolizeigesetze erwähnen die Personalpfändung nicht.
Dagegen ist sie im preuß. Landr. I, 14 § 413 ff. anerkannt, aber nicht als eine Besonderheit,
die gerade für den Schutz der Grundstücke bestimmt wäre; deshalb sind diese Vorschriften
durch EcG. 89 nicht gedeckt und also durch das BGB. und pr. AusfGes. 89, 1b beseitigt;
doch wird die Personalpfändung als ein besondres Privileg ländlicher Grundbesitzer auch
in Preußen in den meisten Provinzen gewohnheitsrechtlich feststehn und bleibt alsdann dank
E. 89 auch ferner in Geltung.
II. 1. Eine eigenmächtige Rechtsausübung oder Rechtssicherung, die nach
den eben entwickelten Regeln erlaubt ist, ist eine rechtmäßige Handlung.
Jedem Dritten ist deshalb der Widerstand gegen eine solche Handlung ver-
boten: gegen erlaubte Eigenmacht hat der Gegner kein Recht der Notwehr oder
des Notangriffs.
2. Regelmäßig wird eine eigenmächtige Rechtsausübung oder Rechtssiche-
rung, sofern sie rechtmäßig ist, den Täter auch nicht zu Schadensersatz ver-
pflichten. Nur dann gilt eine Ausnahme, wenn die zur Eigenmacht schreitende
Person den Sachverhalt, der ihr das Recht zu ihrem eigenmächtigen Ein-
schreiten gab, selber verschuldet hat.
Im BG. ist diese Regel auffälligerweise nur für den Fall der Verteidigung gegen
gefahrdrohende Sachen ausdrücklich aufgestellt (228 II). Sie gilt aber analog auch im Fall
der Notwehr und in den übrigen Fällen erlaubter Eigenmacht.
III. 1. Umgekehrt ist eine eigenmächtige Rechtsausübung oder Rechts-
sicherung, die nach den eben entwickelten Regeln nicht erlaubt ist, eine rechts-
widrige Handlung. Mag auch dem Handelnden das materielle Recht, das er
9) Abw. Gierke 1 § 39 7°.