Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

470 Buch II. Abschnitt 1. Das Recht der Forderungen im allgemeinen. 
der Gläubiger zerlegt zu werden — zusteht. Von ihr soll erst im zweiten 
Bande dieses Werks, im Gemeinschaftsrecht, gehandelt werden. 
II. Die ungeteilte Mitverpflichtung bedeutet, daß eine Verbind- 
lichkeit mehreren Schuldnern ganz — also ohne in Teilverpflichtungen zu 
Lasten jedes der Schuldner zerlegt zu werden — obliegt. Sie kommt in zwei 
Hauptformen vor, als Gesamtschuld und als Schuld zur gesamten Hand. 
1. Die Gesamtschuld bedeutet, daß jeder Mitschuldner die geschuldete 
Leistung für sich allein ganz zu leisten hat, so jedoch, daß die Schuldner zu- 
sammen die Leistung nur einmal zu bewirken haben. 
a) Eine Gesamtschuld liegt im Zweifel vor, wenn mehrere Schuldner eine 
Verbindlichkeit durch gemeinsamen Vertrag übernehmen (427). Außerdem 
sollen als Gesamtschuldner haften: alle Personen, die einen aus einem be- 
stimmten Delikt entstandenen Schaden nebeneinander zu verantworten haben 
(840); alle Personen, die aus irgendeinem Rechtsgrunde zusammen zu einer 
unteilbaren Leistung verpflichtet sind (431) usw. 
b) Da bei einer Gesamtschuld jeder Schuldner die ganze Leistung zu be- 
wirken verpflichtet ist, kann der Gläubiger sich wegen seiner Forderung nach 
Gutdünken an einen beliebigen von ihnen halten, ohne daß diesem Schuldner 
das Recht zustände, den Gläubiger ganz oder teilweise an die andern Schuldner zu 
verweisen; doch kann der Gläubiger, wenn er will, auch sämtliche Schuldner 
gemeinsam belangen (421). Man sagt demgemäß: die Schuldner haften 
„samt und sonders“ (solidarisch). 
Beispiele. I. Wenn A. dem B. und C. gemeinsam ein Darlehn von 1000 Mk. gibt, 
kann er bei Fälligkeit nach Gutdünken von B. 500 oder 800 oder auch die ganzen 1000 Mk. 
einfordern, ohne daß B. ihn ganz oder anteilig an seinen Mitschuldner C. verweisen kann. 
II. Ebenso haftet, wenn die Malermeister D. und E. gemeinsam bestimmte Malerarbeiten 
für F. übernehmen, sowohl D. wie E. für die rechtzeitige und gute Ausführung der ganzen 
Arbeit. So auch dann, wenn F. weiß, daß weder D. noch E. in der Lage ist, die Arbeit 
allein auszuführen, sei es weil keiner von beiden für sich allein die nötigen Arbeiter und 
Gerätschaften zur Verfügung hat, sei es, weil es sich um besonders schwierige Arbeiten 
handelt, von denen einige eine Spezialität des D., andre eine Spezialität des E. bilden; ja 
selbst der Umstand, daß D. und E. dem F. bei Abschluß des Vertrages erklären, sie würden 
die Arbeit unter sich verteilen, ändert an ihrer gesamtschuldnerischen Haftung gegenüber 
F. nichts, sondern hat rechtliche Bedeutung höchstens für das Innenverhältnis zwischen 
D. und E. 
c) Die Gesamtschuldner brauchen die geschuldete Leistung zusammen nur 
einmal zu bewirken. Demgemäß hat jeder von ihnen auf die Verpflichtung 
der andern den allergrößten Einfluß: indem er seine eigne Verpflichtung er- 
füllt, befreit er nicht bloß sich selber, sondern auch alle Mitschuldner (422 I. 
Satz 1); der Erfüllung ist die Leistung an Erfüllungsstatt und die Hinter- 
legung sowie die Aufrechnung gleichgestellt (422 1 Satz 2). Wenn ferner ein 
Gläubiger mit einem Schuldner vereinbart, daß die ganze Gesamtschuld er- 
lassen sein solle, so gilt dies gleichfalls zugunsten sämtlicher Mitschuldner 
(423). Damit in Zusammenhang steht die Regel, daß, wenn ein Schuldner
	        
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