Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

8 194. Alteres Recht. 105 
lungen vorgenommen hatten, wurde vorläufig diejenige Partei geschützt, die die letzte ruhige 
Besitzhandlung nachweisen konnte. 3 
b) Dagegen ist der langfristige Herausgabeanspruch bereits im älteren 
deutschen Recht entwickelt gewesen. Inwiefern er von dem des bürgerlichen 
Gesetzbuchs verschieden war, läßt sich nicht sicher feststellen; jedenfalls stimmten 
beide in folgenden drei Hauptpunkten überein: erstlich standen sie dem Besitzer 
als solchem zu, auch wenn er sich über die Art seines Besitzerwerbes nicht 
ausweisen konnte; zweitens waren sie — der Regel zu 1 entsprechend — auf 
Fahrnissachen beschränkt; drittens griffen sie, wenn sie eine dem Vorbesitzer 
abhanden gekommene Sache betrafen, auch gegen den redlichen Besitznachfolger 
durch."““ Durch die Rezeption wurde der Anspruch beseitigt; an seine Stelle 
trat die actio publiciana des römisch-kanonischen Rechts, die nur demjenigen 
Besitzer zustand, der sich über seine Redlichkeit beim Erwerbe des Besitzes aus- 
weisen konnte, gleichmäßig für Grundstücke und für Fahrnis galt und gegen- 
über demjenigen Besitznachfolger versagte, der die Streitsache, mochte sie auch 
dem Vorbesitzer gestohlen, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen 
sein, in gutem Glauben von einem Dritten erworben hatte.15 Das preußische 
Landrecht und der code civil haben aber den altdeutschen Besitzanspruch von 
neuem zur Geltung gebracht. 
3. Die Befugnis des Besitzers zur Selbsthülfe ist im bisherigen Recht 
öähnlich bestimmt worden wie im bürgerlichen Gesetzbuch; nur das preußische 
Landrecht hat die Selbsthülfe auf den Fall beschränkt, daß Gefahr im Verzuge 
und obrigkeitliche Hülfe nicht zu erlangen war.¼ 
Zusatz zu Abschnitt II. 
Die Kollisionsnormen und Übergangsvorschriften sind teils nach den allgemeinen 
Regeln des Sachenrechts, teils nach Analogie der für das Eigentum geltenden Regeln zu 
bestimmen. Nur die mit der Einrichtung des Grundbuchs zusammenhängenden Regeln sind 
auf den Besitz und das Besitzrecht nicht anwendbar, weil Besitz und Grundbuch nichts mit- 
einander zu tun haben. 
13) Windscheid-Kipp S. 718 1. 14) Gierke, D. Pr R. 2 S. 247; Hübner S. 393. 
15) Windscheid-Kipp 1 8 199. 
16) Pr. LR. I, 7 § 184, I, 15 § 34; c. c. 2279. Über den Lösungsanspruch des Besitz- 
nachfolgers s. unten § 215. 
17) Pr. LKR. I, 7 8 142.
	        
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