Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

448 Buch V. Das Gemeinschaftsrecht. 
Ist in dem ebengenannten Beispiel der Bürgschaftsschein nur von einem Gesellschafter 
unterschrieben, so wird der Formmangel dadurch geheilt, daß die andern Gesellschafter ihm 
nachträglich zustimmen, wenn die Zustimmung auch bloß mündlich erfolgt (182 II).1 
2. Die Gesellschafter können aber die überaus schwerfällige Vorschrift 
zu 1 nach Belieben dadurch ändern, daß sie für Gesellschaftsgeschäfte und Ge- 
sellschaftsprozesse einen oder mehrere gemeinschaftliche Bevollmächtigte bestellen. 
Ja insoweit als ein Gesellschafter laut Vereinbarung mit einer besondern über 
das ihm schon von Gesetzes wegen zugeteilte Maß hinausgehenden Geschäfts- 
führungsbefugnis ausgestattet ist, soll es sich im Zweifel von selbst verstehn, 
daß er zugleich gemeinschaftlicher Bevollmächtigter der andern Gesellschafter 
ist (714): die Führung der Gesellschaftsgeschäfte durch einen Gesellschafter und 
die Vertretung der übrigen Gesellschafter durch ihn stehn wenigstens im Zweifel 
miteinander in Harmonie. Es sind hiernach besonders folgende Fälle zu 
beachten. 
a) Jeder Gesellschafter ist gemeinsamer Bevollmächtigter der andern Ge- 
sellschafter in allen gewöhnlichen oder ungewöhnlichen Gesellschaftsangelegen- 
heiten. 
b) Ein einziger oder mehrere ausgewählte Gesellschafter sind gemeinsame 
Bevollmächtigte der andern Gesellschafter in allen Gesellschaftsangelegenheiten. 
Sind mehrere Gesellschafter hierzu erwählt, so haben sie im Zweifel Samt- 
vollmacht, können also im Zweifel die andern Gesellschafter nur vertreten, 
wenn sie gemeinsam handeln (710 Satz 2, 714). 
Jc) Die Mehrheit der Gesellschafter, nach Köpfen gezählt, ist gemeinsamer 
Bevollmächtigter der Minderheit in allen Gesellschaftsangelegenheiten. 
d) Je zwei Gesellschafter zusammen sind gemeinsame Bevollmächtigte der 
andern Gesellschafter in allen Gesellschaftsangelegenheiten. 
e) Jeder einzelne Gesellschafter ist gemeinsamer Bevollmächtigter der 
andern Gesellschafter in gewöhnlichen Gesellschaftsangelegenheiten, während er 
in ungewöhnlichen Gesellschaftsangelegenheiten solcher Vollmacht darbt. 
1) Ein Nichtgesellschafter ist gemeinsamer Bevollmächtigter sämtlicher Ge- 
sellschafter in allen Gesellschaftsangelegenheiten. 
Beispiele. I. Nach dem Gesellschaftsvertrage der Gesellschaft A. steht die Geschäfts- 
führungsbefugnis je zwei Gesellschaftern zu, während über die Vertretung der Gesellschafter 
in dem Vertrage nichts gesagt ist. Hier genügt nicht bloß zur Ubernahme einer in den 
Rahmen des Gesellschaftsvertrages fallenden Bürgschaft ein Beschluß der Gesellschafter B. und 
E., B. und F. usw., sondern auch der Bürgschaftsschein braucht bloß von B. und E., B. 
und F. usw. unterschrieben zu werden; doch ist die Bürgschaft ungültig, wenn die Gesell- 
schafter C. und D. ihr widersprochen haben, und zwar selbst dann, wenn der Bürgschafts- 
gläubiger von dem Widerspruch nichts erfahren hat. II. Nach dem Gesellschaftsvertrage der 
Gesellschaft A. steht je zwei Gesellschaftern das Recht zu, die andern Gesellschafter zu ver- 
treten, während über die Führung der Gesellschaftsgeschäfte im Vertrage nichts gesagt ist. 
Hier genügt die Unterzeichnung eines Bürgschaftsscheins, wenn die Übernahme der Bürg- 
schaft durch die Gesellschaft in den Rahmen des Gesellschaftsvertrages sällt, durch die Gesell- 
1) NG. 63 S. 98.
	        
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