530 Buch VI. Das Recht der juristischen Personen.
1. Der Bundesrat darf einem Verein oder einer Stiftung juristische Persönlichkeit ver-
leihen, obschon sie ihren Sitz nicht im deutschen Reich hat (23, 80). Dann wird sie in gleichem
Umfange nach deutschem Recht behandelt wie eine juristische Person mit deutschem Sitz.
2. Ein Verein, der, wenn sein Sitz im deutschen Reich läge, juristische Persönlichkeit
nach den Vorschriften des BGB.s durch Eintragung im Vereinsregister oder durch staatliche
Verleihung erlangen würde, gilt, falls sein Sitz außerhalb des Reichs liegt, bei uns nur
dann als juristische Person, wenn seine Rechtspersönlichkeit nicht bloß nach dem an seinem
Sitz geltenden ausländischen Recht begründet, sondern außerdem durch Beschluß des Bundes-
rats ausdrücklich anerkannt ist (EG#. 10). Doch ist diese Regel nur in Ansehung solcher
Rechtsverhältnisse anwendbar, die im übrigen nach deutschem Recht zu beurteilen sind, also
z. B., wenn jener Verein deutsche Grundstücke erwerben will. Auf Vereine, die ihre Rechts-
persönlichkeit nicht nach den Vorschriften des BGB.s erwerben, wie z. B. auf Aktiengesell-
schaften, ist die Regel überhaupt nicht anwendbar.
II. Ubergangsvorschriften.
1. Ob eine juristische Person als solche entstanden ist, muß nach altem Recht beurteilt
werden, wenn der Gründungsakt vor 1900 abgeschlossen worden ist (s. AusfGes. Preußen 3).
Es wird also auch nach 1900 eine Reihe von privatrechtlichen Vereinen geben, die ihre
Rechtspersönlichkeit den von den Vorschriften des BGB.s abweichenden Regeln des alten
Rechts verdanken.
2. Dagegen richten sich die Rechtsverhältnisse der vor 1900 entstandenen juristischen
Personen im übrigen vom 1. Jan. 1900 ab nach neuem Recht (EG. 163). Dies gilt für
die Art und den Umfang der Vertretungsmacht des Vorstandes, für die Zulässigkeit einer
Satzungsänderung, für das Liquidationsverfahren uspw. Nur auf die Realgemeinden, auf
die landschaftlichen und ritterschaftlichen Kreditanstalten sowie auf die bayrischen und sächsischen
anerkannten oder eingetragenen Vereine, soweit sie vor 1900 entstanden sind, soll das BGB.
überhaupt nicht Anwendung finden (EG. 164—167).
2) Zitelmann 2 S. 119.