§ 418. Ausgleichungspflicht der Miterben. 835
weder Nutzen noch Schaden davon, sondern bekommt, gerade wie wenn die Schwester neben
ihm erbte, 6000 Mk.
4. Sehr nahe liegt es, die Regeln zu 3, die für die Erhöhung eines Nachkommen-
erbteils infolge des nachträglichen Fortfalls eines Miterben gelten, analog auf die Ver-
minderung eines Nachkommenerbteils infolge des nachträglichen Hinzutretens eines Mit-
erben anzuwenden, d. h. zu bestimmen: der hinzutretende Erbe hat auf seinen Erbteil die
Ausgleichungspflicht derjenigen Nachkommen zu übernehmen, die durch ihn eine Minderung
ihrer Erbteile erlitten haben. Doch läßt das Gesetz eine derartige analoge Anwendung seiner
Regeln schwerlich zu."“ — Beispiel. A. wird von seinen beiden Töchtern B. und C. beerbt;
die B. hat 100000 Mk. auszugleichen, während der Nachlaß A.s 110000 Mk. beträgt; sie
bekommt also nach Maßgabe der bisherigen Regeln 5000, die C. 105000 Mk.; nun entsteht
aber solgende Komplikation: nachdem die B. ihre 100000 Mk. empfangen, hat ihr damals
verwitweter Vater eine neue Ehe geschlossen, und es sind in dieser Ehe noch 7 Kinder ge-
boren; diese Kinder und die zweite Ehefrau sind sämtlich vor A. gestorben. Hier ist der
anfängliche Erbteil der B. durch die Konkurrenz der Stiefmutter und der nachgeborenen
Geschwister allmählich von ½ auf ½¼/12 herabgesetzt; später ist er allerdings wieder auf ½ er-
höht; diese Erhöhung bleibt aber für die Ausgleichungspflicht der B. außer Betracht. Das
Ergebnis ist: die 100000 Mk., die die B. auszugleichen hat, werden auf eins der sechs Nach-
laßzwülftel, die der B. zustehn, verrechnet und der Nachlaß der B. zu /11, der C. zu /11
zugesprochen. Die B. verdankt also der zweiten Ehe ihres Vaters eine Erhöhung ihres Nach-
laßanteils von 5000 auf 50000 Mk.! Besonders sinnreich ist das nicht.
V. 1. a) Daß ein Miterbe dank der Ausgleichsrechnung aus dem Nachlaß mehr zu be-
anspruchen hat, als seinem Erbteil entspricht, darf nicht auf ein gesetzliches Vorausvermächtnis
zu seinen Gunsten zurückgeführt werden, sondern jenes Mehr gebührt ihm lediglich in seiner
Eigenschaft als Erbe." Die Folge ist, daß er im Fall der beschränkten Haftung den Nach-
laßgläubigern nicht bloß mit dem, was er kraft seines Erbteils, sondern auch mit dem, was
er dank der Ausgleichsrechnung aus dem Nachlaß erwirbt, hastbar ist.
b) Andrerseits ist daran festzuhalten, daß die Ausgleichsrechnung zwar die Höhe des
Nachlaßanteils, nicht aber auch die Höhe des Erbteils der Miterben bestimmt. Beispiel:
wenn die Miterben gemäß 2060 für die Nachlaßschulden nur geteilt haften, ist ein
auf ¼ eingesetzter Miterbe in Höhe seines Drittels haftbar, auch wenn sein Nachlaßanteil
dank der Ausgleichsrechnung auf 93/10 steigt oder auf Null sinkt."“ Dagegen wird für die
Teilhaftung aus 2148 im Einzelfall anders zu entscheiden sein, da hier die Haftung der
mehreren Erben nach Verhältnis ihrer Erbteile nur „im Zweifel“ eintritt.
2. Die Regeln zu 1 scheinen sich zu widersprechen. Doch löst sich der Widerspruch,
sobald erwogen wird, daß der „Erbteil“ das Maß ist, nach dem jeder Miterbe Dritten gegen-
über an den Nachlaßaktiven und im Fall der geteilten Haftung auch an den Nachlaßpassiven
teilnimmt, während die „Nachlaßanteile" das Maß darstellen, nach dem die Miterben unter-
einander den Nachlaß teilen. Denn daß das erstere und das letztere Maß verschieden sind,
kommt bei Gemeinschaften aller Arten sehr häufig vor.
VI. Jeder ausgleichpflichtige Nachkomme ist verpflichtet, den andern Nachkommen auf
Verlangen über die von ihm auszugleichenden Zuwendungen Auskunft zu geben und die
Auskunft durch einen Offenbarungseid zu bekräftigen (2057).7
4) Abw. Strohal 1 S. 76.
5) Strohal 1 S. 78; Heymann, Jahrb. f. Dogm. 42 S. 459. Abw. Schiffner S. 113.
6) Abw. Strohal 1 S. 364.
7) RG. 58 S. 88, 73 S. 373.