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namentlich Liebende einlade und durch welchen eine Mahnfahrt
nach Gohlis zu machen einen ganz eigentümlichen Reiz gewähre. )
Ganz reizlos hingegen erscheint die Gegend um Leipzig
dem Franzosen Diktor Tissot, dessen Reisewerk über Deutschland,
welches unter dem Titel: „Un voyage au pays des milliards
1878 in Haris erschienen ist, überhaupt durch den an Der-
rücktheit grenzenden Arger über die ungeheuren Fortschritte
Deutschlands seit dem siegreichen Kriege von 1870/71 sehr be-
lustigend auf den Leser wirkt.
Es fällt ihm auf dem Wege von Weimar nach Leipzig
auf, daß man nicht mehr kleine Thäler und frische grüne Ge-
hölze, nicht mehr lachende Dörfer hinter Zaumvorhängen, son-
dern ein ödes, fast unbebautes Land sieht. Tkackte Sbenen ent-
rollen sich vor dem Blicke wie eine Müste. Alles ist um
einen Monat hinter dem Süden zurück, der Holunder ist eben
erst erblüht, das Getreide kurz und mager; Happelbäume, die
wie Soldaten in Reih' und Glied dastehen und die Felder zu
bewachen scheinen, ersetzen die Fruchtbäume. 12)
Allerdings würde sofort die Gegend ihm wie ein Haradies
erschienen sein, wenn ihm zwischen Hötzschau und Markranstädt
jemand gesagt hätte, daß man hier aus Hreußen heraus
und nach Sachsen hineinkomme. Denn wenn er gleich Leipzig
wegen seiner egeisterung für Uaiser und Reich sehr wenig
schön findet, so ist ihm doch Sachsen immer noch unendlich lie-
ber als das in seinen Augen über alles hassenswerte Oreußen,
dessen hohe Bedeutung für die neueste Entwickelung der deut-
schen Geschichte kaum durch etwas andres so klar dargelegt
werden kann, als durch die TLästerungen des durch seine Wut
verblendeten Franzosen.