22 Die Mundart.
Wenn auch unser Cuther hiermit die Ehre, Schöpfer einer
neuen deutschen Sprache zu sein, bescheidentlich ablehnt, so ist
er es doch! Man vergleiche nur den von ihm als seine Norm
angeführten lanzleistil mit seiner eignen Sprachel! Mlit Recht
nennt daher bereits 1551 der Grammatiker Fabian Franck
neben der kaiserlichen Kanzlei Luthers Schriften als Richtschnur
der Sprache. 25) In späterer Seit wird von dem Baron von
Loen, den wir bereits erwähnten, den sächsischen Frauen nach-
gerühmt, daß man unter ihnen die besten Sprechmeisterinnen
finde: „Der liebliche Mlang ihrer Stimme macht auch selbst
unsre rauhen Töne zärtlich und angenehm.“ o0) Schließlich läßt
Schiller in seinen „Flüssen“ die Elbe sagen:
All ihr andern, ihr sprecht nur ein MKauderwelsch; unter den Flüssen
Deutschlands rede nur ich und auch in Meißen nur deutsch.
Woenn in diesen Worten eine leise Jronie liegt, so ent-
halten sie doch eine Anerkennung dessen, was in Sachsen durch
die Gottschedsche Schule für die deutsche Sprache gethan wor-
den war.
Gegen diese Derrschaft des meißnischen Dialekts hat sich
zwar auch Goethe anfänglich erklärt, da er jedem deutschen
Dialekt dasselbe Recht darauf, sich in der Litteratur geltend zu
machen, zuspricht. Allein je mehr und mehr hat auch er sich ihr
gefügt, wie aus der Dergleichung seiner von Erich Schmidt heraus
gegebenen ersten Faustbearbeitung mit der in seine gesammelten
Werke aufgenommenen hervorgeht; und nachweisbar hat der
Aufenthalt in Leipzig, vor allem der Umgang mit den Teip-
zigerinnen, maßgebend auf sein Deutsch eingewirkt.
Sein Seugnis gegen die Meißner Mlundart ist ein sehr ge-
harnischtes, es lautet folgendermaßen: „Mit welchem Sigensinne