Full text: Der Leumund der Sachsen

38 Leipzig. 
ich schenke dir ja nichts, du bist ein kleiner Kaufmann, Jabst 
mir deine Ware und nimmst dafür mein Geld. Damit ging 
ich weiter, doch wenige Schritte nur, da kam mir das l#ind 
schon nachgelaufen, in der Hhand eine prächtige rote Rose, 
wohl die schönste aus seines Kameraden oder auch Bruders 
Uorbe, und bot sie mir mit den Worten dar: „Ma, dann 
nehmen Sie wenigstens noch die Rose“, sprach es und sprang, 
leichtfüßig wieder fort. So manche Rose ward mir in meinem 
Leben freundlich dargebracht, keine aber hat mich so tief 
bewegt als diese aus des armen Straßenkindes schmutziger 
Hand.“ 
So hat denn Leipzig im allgemeinen, seit es einen sächsischen 
Staat gibt, mit Recht für eine ganz besonders wertvolle Oerle 
in der Krone der Wettiner gegolten. Selbstverständlich aber 
muß es da, wo viel Licht ist, auch Schatten geben. 
Was man an Ceipzig zu tadeln gehabt hat, steht im Gu- 
sammenhange mit seinem Wohlstande. Suerst ist dies nämlich 
der Luxus; doch muß in bezug hierauf sehr viel auf Nosten 
des Uleides geschrieben werden, mit dem andre ärmere Städte 
diese Stadt immer betrachtet haben. Sodann wird von 
vielen Reisenden seit den Tagen der Reformation, wo die 
„Briefe der Dunkelmänner“ den geistigen und sittlichen Zu- 
stand dieser Stadt in einem überaus trüben CLichte erscheinen 
lassen, sehr viel nicht wieder zu Erzählendes über das „Leip- 
ziger Leben“ erzählt; allein wer die Messe kennt, von welcher 
diese düsteren Sittenbilder meist genommen sind, weiß, daß 
nicht die Leipziger Bürger, sondern die Fremden es sind, welche 
das sogenannte „Leipziger Leben“ machen. Desgleichen steht 
im Susammenhange mit dem Wohlstande der Stadt der viel
	        
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