Full text: Die Verfassung des Deutschen Reichs mit Erläuterungen.

II. Reichsgesetzgebung. Art. 4. 125 
Taxen. Grundsatz ist, daß polizeiliche Taxen nicht vorgeschrieben werden 
sollen. Für einige wenige Gewerbe find Ausnahmen zugelassen und für 
einige andere Gewerbe kann die Ortspolizeibehörde vorschreiben, daß die 
Preise ihr und in einigen Fällen auch öffentlich bekannt gemacht werden. 
Tit. VI §§ 81— 104 n enthält Vorschriften über Innungen, Innungs- 
ausschüsse, Handwerkskammern und Innungsverbände. Die Innung ist eine 
Vereinigung derjenigen, die ein Gewerbe selbständig betreiben, zur Förde- 
rung ihrer gemeinsamen gewerblichen Interessen. Ihre Aufgabe ist (8 81a): 
die Pflege des Gemeingeistes sowie die Aufrechterhaltung und Stärkung der 
Standesehre unter den Innungsmitgliedern, die Förderung eines gedeihlichen 
Verhältnisses zwischen Meistern und Gesellen (Gehülfen) sowie die Fürsorge 
für das Herbergswesen und den Arbeitsnachweis, die nähere Regelung des 
Lehrlingswesens und die Fürsorge für die technische, gewerbliche und sittliche 
Ausbildung der Lehrlinge und endlich die Entscheidung gewisser Streitigkeiten 
zwischen den Innungsmitgliedern und ihren Lehrlingen. Die Innungen 
können ihren Wirkungskreis noch auf andere, den Innungsmitgliedern ge- 
meinsame gewerbliche Interessen ausdehnen, z. B. auf Schulen für weitere 
Ausbildung der Meister, Gesellen und Lehrlinge, Gesellen= und Meister- 
prüfungen, Unterstützungskassen, Schiedsgerichte und gemeinschaftliche Ge- 
schäftsbetriebe zur Förderung ihres Gewerbebetriebes (s 81b) — 8§8 82 
bis 99 enthalten nähere Bestimmungen über den Umfang der Innung 
(§ 82), ihr Statut (88§ 88— 85), ihre Rechtspersönlichkeit (8 86), die Vor- 
aussetzung der Mitgliedschaft (§ 87), den Austritt (§ 87 a). Nach § 88 
Abs. 1 darf den Innungsmitgliedern die Verpflichtung zu Handlungen oder 
Unterlassungen, die mit den Aufgaben der Innung in keiner Verbindung 
stehen, nicht auferlegt werden. 88 88 Abs. 2—9a enthalten Bestimmungen 
über die Kostendeckung, § 89 b über die Mitwirkung der Aufsichtsbehörde, 
§ 90 über Innungs-Krankenkassen, §8§ 91V—91b über Schiedsgerichte, § 92 
bis 950 über den Vorstand und die Vertretung der Innung, § 96 über 
die Aufsichtsbefugnisse der unteren Verwaltungsbehörde, 8§ 97—98a über 
die Schließung und Auflösung der Innung, § 99 über Stempel und Kosten. 
Nach § 100 kann zur Wahrung der gemeinsamen gewerblichen Interessen 
der Handwerker gleicher oder verwandter Art durch die höhere Verwaltungs- 
behörde auf Antrag Beteiligter (§ 100f Abs. 1) angeordnet werden, daß 
innerhalb eines bestimmten Bezirks sämtliche Gewerbetreibende, welche das 
gleiche Handwerk oder verwandte Handwerke ausüben, einer neu zu errichtenden 
Innung (Zwangsinnung) anzugehören haben, wenn die Mehrheit der be- 
teiligten Gewerbetreibenden der Einführung des Beitrittszwanges zustimmt 
und der Bezirk der Innung so abgegrenzt ist, daß kein Mitglied durch die 
Entfernung seines Wohnorts vom Sitze der Innung behindert wird, am 
Genossenschaftsleben teilzunehmen und die Innungseinrichtungen zu benutzen 
und wenn endlich die Zahl der im Bezirke beteiligten Handwerker zur 
Bildung einer leistungsfähigen Innung ausreicht. Die folgenden §8 bis 
100 u enthalten nähere Bestimmungen über die Einrichtung der Zwangs- 
innungen. §8 101 und 102 geben Vorschriften über Innungsausschüsse, 
die für alle oder mehrere derselben Aufsichtsbehörde unterstehenden Innungen 
zur Vertretung der gemeinsamen Interessen der beteiligten Innungen gebildet 
werden können, und §8 103—103 regeln die Handwerkskammern, die zur 
Vertretung der Interessen des Handwerks ihres Bezirks errichtet werden
	        
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