170 II. Reichsgesetzgebung. Art. 5.
Bei Gesetzesvorschlägen über das Militärwesen, die Kriegsmarine und
die im Artikel 35 bezeichneten Abgaben gibt, wenn im Bundesrate eine
Meinungsverschiedenheit stattfindet, die Stimme des Präsidiums den Aus-
schlag, wenn sie sich für die Aufrechthaltung der bestehenden Einrichtungen
ausspricht.
A. Der Bundesrat und Reichstag
als die beiden gesetzgebenden Faktoren des Reichs.
. Art. 5 als Grundlage für die Machtstellung der Verbündeten Regierungen im Reich.
Die Frage der Beteiligung des Kaisers an der Reichsgesetzgebung.
3. Die Beteiligung des Bundesrats und Reichstags an der Reichsgesetzgebung; der
Grundsatz ihrer Gleichberechtigung:
a) Gleichberechtigung hinsichtlich der Feststellung des Gesetzesinhalts.
b) Gleichberechtigung hinsichtlich der Wiederholung abgelehnter Vorlagen.
c) Die Rücknahme gefaßter Beschlüsse, eine Ausnahme von der Gleichberechtigung.
d) Gleichberechtigung hinsichtlich der Initiative.
e) Gleichberechtigung hinsichtlich der materiellen Gesetzgebungskompetenz.
f) Gleichberechtigung hinsichtlich der Frage der Diskontinuität.
8) Kompromisse als Konsequenz der Gleichberechtigung.
4. Zur Frage des Umfangs des der Reichsgesetzgebung eingeräumten materiellen Gebiets.
5. Die Vorbereitung der Reichsgesetze.
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B. Das Vetorecht des Präsidiums.
1. Gesetzesvorschläge.
2. Einrichtungen.
3. Meinungsverschiedenheiten.
A. Der BLundesrat und Reichstag
als die beiden gesetzgebeunden Faktoren des Reichs.
1. Art. 5 als Grundlage für die Machtstellung der Verbündeten
Regierungen im Reich.
Die Reichsverfassung kennt drei unabhängige Machtfaktoren: den Kaiser,
die Verbündeten Regierungen und den Reichstag. Der Kaiser ist der mili-
tärische Oberbefehlshaber, und da er das Recht zur Anstellung und Entlassung
des Reichskanzlers, des höchsten Reichsbeamten, sowie aller anderen Reichs-
beamten hat, so ist er auch der eigentliche Chef der Reichsverwaltung. Die
Verbündeten Regierungen haben neben umfangreichen letztinstanzlichen Ver-
waltungsbefugnissen die Aufgabe, mit dem Reichstag zusammen die Gesetz-
gebung auszuüben, und gerade der Umstand, daß in der Gesetzgebung, dem
Schwerpunkt der staatlichen Macht, die Volksvertretung Hand in Hand zu
gehen hat nicht mit dem an der Spitze des Reichs stehenden Monarchen,
sondern mit den durch den Bundesrat vertretenen Verbündeten Regierungen,
bewirkt, daß das Reich im staatsrechtlichen Sinne nicht eine konstitutionelle
Monarchie, sondern ein konstitutioneller Bundesstaat ist. In dieser Ver-
fassungsbestimmung liegt das Aquivalent für die Opfer, welche die Regierungen
der Einzelstaaten bei der Gründung des Reichs gebracht haben. Das neue
Reich konnte mit Rückficht auf die Entwicklung, die der konstitutionelle Staats-
gedanke damals schon im politischen Leben Deutschlands erreicht hatte, nichts
anderes sein als ein konstitutionelles Staatswesen. Es war also eine Volks-