186 II. Reichsgesetzgebung. Art. 5.
diesen Körperschaften zugehen läßt, darüber informatorisch mit einzelnen
Landesregierungen verhandeln oder Fühlung mit einzelnen Reichstags-
abgeordneten nehmen. Alle diese Dinge sind Interna der Reichsverwaltung.
Kommt der Entwurf vor den Reichstag, so ist er, welches auch immer
seine Vorgeschichte sein mag, für den Reichstag eine Vorlage der Ver-
bündeten Regierungen und niemals die Vorlage eines einzelnen Ministerial-
ressorts, mag es auch noch so sehr oder ausschließlich an der Ausarbeitung
beteiligt sein. In der Offentlichkeit wird bisweilen nach dieser Richtung
die staatsrechtliche Stellung der Verbündeten Regierungen verkannt. Nach
Art. 7 Ziff. 1 R.V. hat nur der Bundesrat das Recht dem Reichstage Vor-
lagen zu machen. Dies schließt nicht aus, daß je nach den Umständen des
Falls die allgemeine politische Verantwortlichkeit für eine Gesetzesvorlage —
eine juristische Verantwortlichkeit besteht für Angelegenheiten der Gesetz-
gebung überhaupt nicht (vgl. Art. 17 IVa) — besonders schwer auf dem
Chef eines einzelnen Ressorts lasten kann, wenn in seinem Ressort der Ge-
setzentwurf hauptsächlich ausgearbeitet ist und wenn der Entwurf der
Initiative der Reichsverwaltung oder einer einzelstaatlichen Regierung ent-
sprungen ist.
Der Bundesrat kann dem Reichstag auch solche Vorlagen machen —
z. B. durch Einstellung von Ausgabepositionen in das Etatsgesetz — die
zur Vorbereitung des eigentlichen Gesetzentwurfs dienen und vor allem den
Zweck haben, die Stellungnahme des Reichstags zu erfahren, noch ehe dem
Reichstag ein förmlicher Entwurf vorgelegt wird, damit der Eklat, der
eventuell mit der Zurückweisung eines großen Gesetzentwurfs verbunden ist
und der damit meistens verbundene erfolglose Aufwand von Zeit und
Arbeitskraft wenn möglich vermieden werden kann. Ein Beispiel für dieses
Verfahren ist aus nachstehendem Rundschreiben ersichtlich, das Fürst Bis-
marck unter dem 27. Febr. 1878 in Sachen des damals beabsichtigten
Tabaksmonopols an die preußischen Gesandten bei den deutschen Höfen ge-
richtet hat (v. Poschinger Aktenstücke 1 S. 275):
„Es wird sich m. E. empfehlen, den Reichstag noch in dieser Session durch
eine neue, die stärkere Ausbeutung des Tabaks für die Reichseinnahmen
vorbereitende Vorlage womöglich zu einem Votum zu nötigen, welches
über die bei der Volksvertretung erreichbaren Ziele und über die Aus-
sichten entweder des Monopols oder einer anderen Steuer mehr Klarheit
gibt als die bisherigen Verhandlungen gewährt haben. Eine solche
Vorlage könnte in dem Verlangen einer Geldbewilligung für die statistischen
Erhebungen bestehen, welche der Einführung des Monopols, wenn sie be-
schlossen wird, notwendig vorhergehen müssen. Ob und wie stark dabei
die Überzeugung von der Angemessenheit des Monopols akzentuiert
werden soll, darüber werden erst die Verhandlungen des Bundesrats
entscheiden.“ . ..
B. Das Vetorecht des Präsidiums.
1. Gesetzesvorschläge.
Nach Art. 5 Abs. 2 hat Preußen das Recht des Vetos, wenn in An-
gelegenheiten des Militärwesens, der Kriegsmarine, der Zölle und indirekten
Steuern etwas geändert werden soll. Nach dem Wortlaut besteht dieses