III. Bundesrat. Art. 6. 201
einerseits alle Landesregierungen und andererseits nur die Landesregierungen
das Recht auf Teilnahme am Bundesrat haben. Daraus folgt wiederum,
daß der Kaiser nur in seiner Eigenschaft als König von Preußen Bevoll-
mächtigte zum Bundesrat entsenden und dort seinen Einfluß ausüben kann.
Deshalb ist es juristisch nicht ganz korrekt, wenn im Art. 5 Abs. 2, Art. 7
Abs. 3, Art. 37 von einer „Stimme des Präsidiums“ oder einer „Präfdial-
stimme“ und im Art. 8 von einer Vertretung des „Präsidiums“ in den
Bundesratsausschüssen die Rede ist. Gemeint ist die preußische Stimme
und die Vertretung Preußens; ebenso Laband 1 S. 217 u. a. und die dort
angeführte Erklärung des Fürsten Bismarck in der Reichstagssitzung v.
16. April 1869.
Da der Bundesrat nach dem Wortlaut des Art. 6 nur aus den Ver-
tretern der Mitglieder des Bundes besteht, können für Elfaß-Lothringen
Bevollmächtigte zum Bundesrat nicht entsandt werden, denn Elsaß-Lothringen
ist kein Bundesstaat, sondern eine Provinz des Reichs.
Aus demselben Grunde ist auch der seinerzeit erhobene Anspruch der
ehemals reichsunmittelbaren Landesherren, der sogen. Mediatisierten oder
Standesherren, auf Vertretung im Bundesrat unbegründet. Dieser Anspruch
könnte, nachdem die Standesherren ihre frühere Souveränetät verloren haben,
nur auf die hervorragende soziale Pofition der Standesherren gestützt werden.
Da jedoch der Bundesrat verfassungsgemäß kein Oberhaus ist, kann hierin
kein Grund zur Erfüllung dieses Anspruchs liegen; ebenso Laband 1 S. 218.
Dagegen ist der Fürst von Waldeck nach wie vor berechtigt, einen
Vertreter zum Bundesrat zu entsenden. Die Fürstentümer Waldeck und
Pyrmont schlossen in der Besorgnis, den finanziellen Anforderungen des
Norddeutschen Bundes ohne eine Überbürdung des Landes nicht gewachsen
zu sein, mit Preußen u. d. 18. Juli 1867 einen Staatsvertrag, den Fürst
Bismarck in der Sitzung des Abgeordnetenhauses v. 11. Dez. 1867 St. B.
S. 336 ff. als Administrativkonvention — nach Analogie der Militär= und
Justizkonventionen — bezeichnete. Nach diesem Vertrage hat Preußen v.
1. Jan. 1868 ab auf zehn Jahre die gesamte innere Verwaltung der Fürsten-
tümer Waldeck und Pyrmont übernommen, mit Ausnahme derjenigen Ver-
waltung, die dem Fürstlichen Konsistorium in seiner Eigenschaft als Ober-
kirchenbehörde zusteht sowie mit Ausnahme des Stifts Schaaken. Preußen
bezieht die gesamten Landeseinnahmen der Fürstentümer und bestreitet die
sämtlichen Landesausgaben mit Ausschluß der Ausgaben für das Konfistorium
in dessen Eigenschaft als Oberkirchenbehörde. Der König von Preußen übt
bezüglich der inneren Verwaltung der Fürstentümer die volle Staatsgewalt
wie fsie dem Fürsten verfassungsmäßig zusteht. Die Verwaltung wird aber
im Namen des Fürsten in Ubereinstimmung mit der Verfassung und den
Gesetzen der Fürstentümer geführt. Dem Fürsten bleibt auch das Be-
gnadigungsrecht in den verfaffungsmäßigen und gesetzmäßigen Grenzen sowie
das Recht der Zustimmung zu Verfassungsänderungen und Gesetzen, soweit
fie nicht die Organisation der Justiz= und Verwaltungsbehörden betreffen,
vorbehalten. An der Spitze der Verwaltung der Fürstentümer steht ein von
dem König von Preußen ernannter Landesdirektor, der die verfassungsmäßig
der Landesregierung obliegende Verantwortlichkeit übernimmt. Preußen ist
berechtigt, die Justiz= und Verwaltungsbehörden nach eigenem Ermessen
anderweitig zu organisieren. Die Befugnisse der Behörden höherer Instanzen