202 III. Bundesrat. Art. 6.
können preußischen Behörden übertragen werden. Alle Beamten werden
von Preußen ernannt und leisten dem König den Diensteid, werden aber
auch, einschließlich des Landesdirektors, auf die Verfassung der Fürstentümer
und die Beobachtung der dem Fürsten vorbehaltenen Rechte vereidigt.
Der Fürst übt die ihm verbleibende Vertretung nach außen durch den
Landesdirektor und unter dessen Verantwortlichkeit. Dies bedeutet also,
daß dem Reiche gegenüber Waldeck als Bundesstaat erhalten bleibt und
daß dem Reiche gegenüber der Fürst seine Souveränetät behält. In der
dem Vertrage beigefügten Denkschrift ist zum Ausdruck gebracht, daß nach
dem Vertrage die Souveränität des Fürsten aufrechterhalten und damit
zugleich die Stellung Waldecks im Reich gewahrt bleibe, und daß es sich
nur darum handele dem Fürstentume die Kosten eines komplizierten, mit
den Bevölkerungsverhältnissen nicht im Einklange stehenden Verwaltungs-
apparates zu ersparen. Am 24. Nov. 1877 wurde der Vertrag mit Aus-
dehnung auf das Stift Schaaken auf zehn Jahre erneuert und am 2. März
1887 (Ges. S. S. 177) nochmals und zwar diesmal auf unbestimmte Zeit und
mit dem Vorbehalt der Kündigung unter Einhaltung einer Frist von zwei
Jahren erneuert. Da also nach dem klaren Wortlaute des Vertrages der
Fürst die Vertretung nach außen behält. so bleibt ihm auch das Recht,
seine Simme im Bundesrat zu führen; ebenso Arndt S. 90 u. a.
2. Die Bevollmächtigten.
Bezüglich der Auswahl der Bundesratsbevollmächtigten sind die Mit-
glieder des Bundes durch die Reichsverfassung nur insoweit beschränkt, als
nach Art. 9 R.V. nicht Mitglieder des Reichstags zu Mitgliedern des Bundes-
rats ernannt werden dürfen; ebenso v. Rönne! S. 201 u. a. Es ist ins-
besondere keineswegs vorgeschrieben, daß die Mitglieder des Bundesrats
Personen sein müssen, die ein öffentliches Amt bekleiden. Tatsächlich sind
die Bundesratsbevollmächtigten durchweg hohe Staats= oder Reichsbeamte
oder, soweit es sich um die Vertretung militärischer Interessen handelt, hohe
Offiziere. Eine derartige Besetzung des Bundesrats war von Anfang an
in Aussicht genommen. Soweit Preußen in Betracht kommt, hat Fürst
Bismarck dies schon in der Sitzung des konst. Reichstages v. 26. März 1867
St. B. 378 erklärt:
„Es besteht die Absicht, die preußischen Mitglieder des Bundesrats in
den verschiedenen Zweigen der Verwaltung zu wählen, und zwar in den
höheren Stellungen, damit der Bundesrat in seinem Schoße mit den not-
wendigen technischen Kenntnissen ausgestattet ist."
Man hat die Bevollmächtigten in der Folge sogar aus den Staats-
ministern, Unterstaatssekretären und Ministerialdirektoren gewählt und zwar,
wie aus einer weiteren Außerung des Fürsten Bismarck hervorgeht, damit
die Chefs der Landesregierungen in ausreichendem Maße und unmittelbar
ihren Einfluß im Bundesrat ausüben können. Mitbezug hierauf hat Fürst
Bismarck in der Sitzung des konst. Reichstags v. 21. März 1867 St. B.
241 erklärt:
„Daß in wichtigen Angelegenheiten, z. B. bei neuen Gesetzen, die
preußische Stimme im Bundesrat abgegeben würde, ohne die übrigen in
Preußen verantwortlichen Ressortchefs zu fragen, ist nicht denkbar; ja die
letzteren würden, wenn nicht direkt, doch jedenfalls durch ihre Untergebenen,