1865 Beginnender Hader zwischen Gablenz und Manteuffel. 255
Differenzpunkte wuchs, und die Polemik der Zeitungen wurde
immer zügelloser. Wenn Manteuffel früher seinen Collegen
gelegentlich um Hemmung des Preßunfugs gebeten hatte,
waren wohl verschiedene Entschuldigungen zum Vorschein ge-
kommen, man könne den holsteiner Zeitungen doch nicht
wehren, sich gegen die Angriffe der Berliner und der Köl-
nischen zu vertheidigen, oder, es gehe nicht an, den holsteiner
Zeitungen geringere Freiheit, als die Wiener genössen, zu ge-
statten; jetzt aber erschien die ganz anders gewichtige Erklä-
rung, daß man in Holstein gesetzliche Befugnisse zur Zügelung
der Presse gar nicht habe, da die betreffenden Bestimmungen
der Verfassung von 1854 durch die Bundescommissare 1864
aufgehoben seien; hienach habe Graf Mensdorff den Statt-
halter zu verfahren angewiesen. Allerdings war die Wider-
legung dieses Satzes nicht schwer: die Bundescommissare hatten
gerade umgekehrt die Weisung gehabt, das Land nach den
bestehenden Gesetzen zu verwalten; sie hatten dieselben denn
auch nicht aufgehoben, sondern nur geringen Gebrauch davon
gemacht. Obgleich hierauf Mensdorff bald nachher erläuterte,
er habe den betreffenden Erlaß nicht gerade als ein Verbot
aller Verfolgung von Preßvergehen gemeint, so blieb es in
den Herzogthümern doch bei der preußenfeindlichen Praxis,
und die Augustenburger Partei durfte sich rühren, wie und
wo ihr Herz es begehrte. In Nordschleswig machte sie da-
mals einen Versuch, die dänische Bevölkerung zu gewinnen,
indem sie ihr eine gemeinsame Petition an den König Wilhelm
vorschlug, mit der Bitte um Rückgabe des Nordens an Däne-
mark, eventuell aber um Unabhängigkeit Schleswig-Holsteins
unter der Herrschaft seines Herzogs. Der Plan endigte
jedoch in vollständigem Mißlingen; die Dänen wollten nichts