Full text: Die Verfassung des Deutschen Reichs mit Erläuterungen.

280 III. Bundesrat. Art. 7. 
find, also für alle Materien, ausgenommen: Heer, Marine, Diplomatie, 
Konsulatswesen, Post und Telegraphie. Entsprechend dieser Kompetenz- 
verteilung ist das Verordnungsrecht abzugrenzen. Für das Heer, die 
Marine, die Post und Telegraphie kommt im Zweifel auf Grund der 
Art. 63, 53 und 50 R.V. dem Kaiser das Verordnungsrecht zu. Der 
Bundesrat ist also überall zum Erlasse der Verordnungen berechtigt, aus- 
genommen die genannten den Befehlen des Kaisers unterworfenen Gebiete 
und ausgenommen natürlich die Fälle, in denen durch besondere reichs- 
gesetzliche Bestimmung das Verordnungsrecht einer anderen Stelle übertragen 
ist — im Ergebnis übereinstimmend Zorn 1 S. 490, Arndt S. 203, v. Seydel. 
S. 138 f.; vgl. auch Laband II S. 89 A. 3. Dagegen nimmt v. Rönne 
Bd. II 1 S. 57 an, daß mit Rücksicht auf Art. 17 RK.V. die Vermutung 
nicht mehr für den Bundesrat als für den Kaiser spreche. 
Unbestritten ist, daß die Ermächtigung zum Erlaß der Verordnungen 
durch pofitive Bestimmung des Reichsgesetzes an Stelle des Bundesrats 
dem Kaiser, den Landesregierungen, dem Reichskanzler oder anderen Reichs- 
ämtern oder Landesbehörden übertragen werden kann. Diese Fälle werden 
ebenfalls durch die Formel des Art.7 Ziff. 2 „sofern nicht durch Reichsgesetz 
etwas anderes bestimmt ist“ gedeckt. Jedoch ist zweifelhaft, ob diese Organe 
eigenmächtig die ihnen erteilte Befugnis auf andere, namentlich auf ihnen 
nachgeordnete Stellen übertragen können. Laband II S. 89 f. hält es im 
allgemeinen für unzulässig. Arndt S. 204 f. vertritt dagegen die Ansicht, 
daß die Frage schlechthin weder mit ja noch mit nein zu beantworten sei, 
sondern daß man nach den einzelnen Fällen unterscheiden müsse; bei den 
Polizeiverordnungen bestehe in der Regel keine Delegationsbefugnis, weil es 
sich dort um die Beziehung auf örtliche Verhältnisse handele, deren Kennt- 
nis und Berücksichtigung von ganz bestimmten Behörden erwartet werde; 
dagegen stehe in den häufigen Fällen, in denen dem Kaiser das Verordnungs- 
recht nur übertragen sei, um zum Ausdruck zu bringen, daß nicht 
der Bundesrat oder die Landesregierungen die Verordnungen zu erlassen 
hätten oder daß überhaupt der Weg der Verordnung an Stelle der Gesetz- 
gebung gewählt werden solle, der Übertragung des Verordnungsrechts auf 
den Reichskanzler oder andere Reichsbehörden nichts entgegen. Dieser An- 
sicht dürfte bei dem Mangel einer Bestimmung der Reichsverfassung aus 
praktischen Gründen der Vorzug zu geben sein. 
Unstreitig ist, daß die Verordnungen, wer immer fie erläßt, auch wenn 
sie von den Landesregierungen ausgehen, die Kraft reichsgesetzlicher Be- 
stimmungen haben und deshalb auf Grund des Art. 2 R.V. dem Landes- 
recht vorgehen; val. Art. 2 II 3 S. 44. 
IV. Die Zuständigkeit des Bundesrats zur Beseitigung von Mängeln, 
die bei der Ansführung der Reichsgesetze hervortreten. 
Die Bestimmung der Ziff. 3 des Art. 7 bedeutet neben Ziff. 1 und 2 
nicht viel. Denn wenn bei der Ausführung der Reichsgesetze oder den zu 
ihrer Ausführung getroffenen Bestimmungen und Einrichtungen Mängel 
hervortreten, so wird der Bundesrat, falls es ihm um eine grundsätzliche 
Besserung des Fehlers und nicht bloß um eine Erledigung des einzelnen 
Falls zu tun ist, in der Regel zur Beseitigung des hervorgetretenen Mangels
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.