240 III. Bundesrat. Art. 7.
abhängig zu machen; die Reichsverfassung steht dem in keiner Weise entgegen,
weil nach ihr die Instruierung der Bundesratsbevollmächtigten eine innere
Angelegenheit der Einzelstaaten ist. Laband nimmt selbst an, daß dieser
Standpunkt, abgesehen von Fällen, in denen es sich um die Aufhebung von
Sonderrechten der Einzelstaaten handele, nur theoretisches Interesse biete,
denn ein Gesetz, durch das die Instruierung der Bundesratsbevollmächtigten
von der Zustimmung des Landtages abhängig gemacht würde, könnte keine
andere Wirkung haben, als daß der Staat sein Stimmrecht im Bundesrat
in allen Fällen verlieren würde, in denen es untunlich sei, den Landtag
vorher zu befragen oder in denen die Regierung dem Votum des Landtages
nicht beipflichten könne; die Bevollmächtigten des Staates würden dann
nicht instruiert und ihre Stimmen im Bundesrat nicht gezählt werden.
Es find also nur politische Gründe, aus denen sich Laband gegen die
Opportunität eines derartigen Verfahrens erklärt, und er nimmt an, daß
diese Gründe nicht zuträfen, wenn es sich um die Aufhebung von Sonder-
rechten der Einzelstaaten oder um die Üübernahme von besonderen Lasten
und Beschränkungen handele. Denn da die nach Art. 78 Abs. 2 R.V.
erforderliche Zustimmung des betreffenden Staates durch eine pofitive Er-
klärung kundgegeben werden müsse, so könne der Beschluß des Bundesrats
nicht rechtswirksam gefaßt werden, solange nicht der Bevollmächtigte in der
Lage sei, die zustimmende Erklärung abzugeben; hier könne also eine Ver-
spätung der Erklärung nicht eintreten. Zorn! S. 132, 168 ff. ist derselben
Ansicht, zieht aber daraus noch weitergehende Konsequenzen. Dagegen nimmt
v. Rönne an 1 S. 202, daß eine derartige Mitwirkung der Landtage der
Einzelstaaten bei der Beschlußfassung des Bundesrats der Reichsverfassung
widerspreche, weil der Bundesrat lediglich das von den Regierungen der
Einzelstaaten bestellte Organ sei. Derselben Anficht ist v. Seydel S. 132f.
und 425 ff.; er geht davon aus, daß durch Annahme der Reichsverfassung
in den Kammern der Einzelstaaten den Souveränen das Recht eingeräumt
sei, frei von jeder Mitwirkung der Volksvertretung im Bundesrate zu
stimmen, da die Verfassung eine solche Beschränkung nicht gebe. Enthalte
aber die Annahme der Verfassung die Erteilung jenes Rechts, dann liege
offenbar in der Beschränkung des Rechts eine unzulässige Abänderung der
Verfassung. Seydel S. 425 ff. ist auch gegen die Zulässigkeit einer Mit-
wirkung des Landtags bei der Aufhebung von Sonderrechten der Einzel-
staaten, weil es sich dabei um nichts anderes als eine Verfassungsänderung
handele, weil Verfassungsänderungen im Wege der Gesetzgebung erfolgten
und weil deshalb zur Beschlußfassung über die Aufhebung des Sonderrechts
dieselben Organe berufen seien wie zur Beschlußfassung über Verfassungs-
änderungen überhaupt. Gegen die Zulässigkeit einer Mitwirkung des
Landtags ist auch Meyer § 123 A. 10. S. 431, wo die weitere Literatur
angeführt ist.
Was die Praxis anbetrifft, so hat sich Fürst Bismarck ebenfalls gegen
die Zulässigkeit der Mitwirkung der Volksvertretung der Einzelstaaten bei
der Instruierung der Bundesratsbevollmächtigten erklärt, und zwar in der
Sitzung des preuß. Abgeordnetenhauses v. 15. Jan. 1872 St.B. 368 wie folgt:
„Ich bin weit entfernt, der Theorie anzuhängen, die jede Entwicklung
des Bundesrechts und unseres Reichsverfassungsrechts untergraben würde,
daß in irgend einem Falle die Abstimmungen eines Mitglieds des