250 III. Bundesrat. Art. 8.
einer Verfassungsbestimmung umgeben werden sollte, eine Annahme, die
noch an Wahrscheinlichkeit gewinnt, wenn man in Betracht zieht, daß gerade
die Art der Besetzung dieser Ausschüsse im wesentlichen den Inhalt des
Art. 8 bildet, während es über den Umfang ihrer Machtbefugnis an einer
grundsätzlichen Vorschrift fehlt. Man wird sich von vornherein darüber
klar gewesen sein, daß bei einem Kollegium von 58 stimmberechtigten Mit-
gliedern die meisten Angelegenheiten nicht mehr im Plenum sachgemäß
durchberaten werden können, wenn auch dem Plenum die Entscheidung
obliegt, sondern daß der Natur der Sache nach eine Vorbereitung in
Kommissionen wenigstens für die relativ weniger bedeutenden Geschäfte not-
wendig ist und daß dann tatsächlich diese Kommissionen auf die Entscheidung
einen Einfluß erhalten, der wenn auch nicht für die prinzipiellen Fragen,
so doch für die technischen Einzelheiten des laufenden Geschäftsganges in
idealer Konkurrenz mit der Entscheidung selbst steht. Um eine verfassungs-
mäßige Bürgschaft dafür zu bieten, daß nicht der eine oder andere Bundes-
staat, dem ein überwiegender Einfluß im Bundesrat zur Verfügung steht,
sich auch einen überwiegenden Einfluß in den Kommissionen verschafft, sind
— so darf angenommen werden — die Bestimmungen über die Besetzung
der Ausschüsse in die Verfassung aufgenommen worden. Demzufolge bestimmt
Art. 8, daß in jedem Ausschusse, abgesehen von dem für auswärtige An-
gelegenheiten, Preußen und vier andere Bundesstaaten vertreten sein müssen,
und zwar — was im Interesse der Mittel und Kleinstaaten wichtig ist —
jeder Staat nur mit einer Stimme. In Verfolg der allgemeinen Tendenz
der Reichsverfassung, Preußen für das Heer und die Flotte einen maß-
gebenden Einfluß zu sichern, ist für die entsprechenden Ausschüsse bestimmt,
daß abgesehen von dem der Selbständigkeit Bayerns auf dem Gebiete des
Heereswesens entsprechenden Zugeständnisse der Kaiser die Mitglieder dieser
Ausschüsse ernennt, während die Mitglieder der anderen Ausschüsse vom
Bundesrat gewählt werden. Über die Fernhaltung Preußens vom Ausschuß
für auswärtige Angelegenheiten val. III 8.
Fürst Bismarck hat wiederholt, z. B. in der Sitzung des preuß. Ab-
geordnetenhauses v. 25. Jan. 1873 St. B. 765b und in der Reichstags-
sitzung v. 5. Mai 1881 St. B. 969, hervorgehoben, über welchen großen
tatsächlichen Einfluß die Ausschüsse verfügen, und dabei bemerkt, daß dieser
Einfluß im engen Zusammenhange mit der Behandlung der Personenfrage
für die Ausschüsse steht — ungeachtet der Bindung der Bevollmächtigten
an ihre Instruktionen; insbesondere sei die persönliche Mitwirkung der
dirigierenden Minister in wichtigen Fragen notwendig.
2. Die Ausschüsse in ihrer Stellung zum Reichskanzler.
In der Sitzung des konst. Reichstags v. 26. März 1867 St. B. 359
regte der Abg. Frhr. v. Hammerstein die Frage an, ob die Ausschüsse nur die
Geschäfte des Bundesrats besorgen oder auch bei der Ausübung der kaiser-
lichen Exekutivgewalt beteiligt seien, und sprach für seine Person die Ansicht
aus, daß sie beide Funktionen hätten. Fürst Bismarck nahm in seiner Er-
widerung auf die auch andere Fragen umfassenden Ausführungen des Abg.
zu dieser Bemerkung keine Stellung, erklärte aber später einmal, nämlich
in der Reichstagssitzung v. 16. April 1869 St. B. 402, indem er sich gegen
den damals gestellten Antrag auf Einrichtung eines verantwortlichen Bundes-