Full text: Die Verfassung des Deutschen Reichs mit Erläuterungen.

III. Bundesrat. Art. 8. 25t 
ministeriums wandte, daß der für ein solches Ministerium mögliche Wirkungs- 
kreis an die Ausschüsse bereits vergeben sei. Die Ausführungen des Abg. 
Frhr. v. Hammerstein sind zunächst dahin richtig zu stellen, daß der Kaiser 
nicht das einzige Verwaltungsorgan des Reichs ist und daß der Bundes- 
rat nicht ausschließlich auf die legislative Gewalt angewiesen ist. Wenn 
dies nach der Verfassung des Norddeutschen Bundes noch zweifelhaft sein 
konnte, auf die sich die Bemerkungen des Abgeordneten bezogen, so kann es 
nach der Reichsverfassung mit Rücksicht auf die veränderte Fassung, die 
Art. 7 dort erhalten hat, nicht mehr zweifelhalt sein. Deshalb ist es auch 
nicht richtig, daß die Ausschüsse, soweit sie an der Verwaltung teilnehmen, 
Geschäfte der kaiserlichen Gewalt besorgen. Es ist nur zuzugeben, daß in 
einigen Fällen, die in der Reichsverfassung bestimmt sind — nämlich Art. 
36, 46, 56: Anstellung der Reichsbevollmächtigten für die Zölle und 
Steuern, Einführung von Notstandstarifen, Anstellung von Konsuln — die 
betreffenden Ausschüsse sich gutachtlich in Fragen zu äußern haben, deren Ent- 
scheidung nicht dem Plenum des Bundesrats, sondern dem Kaiser zusteht. 
Aber deshalb bleiben die Ausschüsse Kommissionen des Bundesrats und sind 
nicht etwa vom Reichskanzler abhängige Behörden, stellen auch nicht dem 
Reichskanzler gleichgeordnete Behörden dar, sondern stehen in einem bestimmten 
amtlichen Verhältnisse nur zum Bundesrat. Nur dieser kann ihnen Auf- 
träge erteilen und nur an ihn haben sie zu berichten. 
In der Erklärung des Fürsten Bismarck liegt eine Bestätigung dafür, 
daß durch die Einrichtung der Bundesratsausschüsse an der aus dem übrigen 
Inhalt der Reichsverfassung sich ergebenden Kompetenzverteilung zwischen 
Kaiser und Bundesrat bezüglich der Exekutive nichts geändert werden sollte. 
Die Außerung des Reichskanzlers, daß die Bundesratsausschüsse ministeri- 
elle Funktionen ausüben, ist nur cum grano salis zu verstehen. Es lag 
dem Fürsten Bismarck daran nachzuweisen, daß für ein kollegialisches 
Ministerium im Reiche kein Raum sei, weil dessen Funktionen schon an 
den Reichskanzler und die Bundesratsausschüsse verteilt seien. Richtig ist, 
daß das Plenum des Bundesrats ministerielle Funktionen insofern hat, als 
es in mehreren Verwaltungszweigen die höchste Verwaltungsinstanz bildet. 
Neben ihm aber haben die Ausschüsse, von wenigen Ausnahmefällen ab- 
gesehen, eine selbständige Verwaltungstätigkeit nicht, und wenn man das 
vom Fürsten Bismarck gebrauchte Bild aufrecht erhalten will, könnte man 
es nur unter dem Gesichtspunkte tun, daß in Ansehung solcher Geschäfte, 
die vom Staatsministerium als Kollegium zu erledigen find, die Ausschüsse 
zu dem Plenum eine ähnliche Stellung einnehmen, wie die einzelnen Fach- 
minister zu dem Kollegium des Staatsministeriums; doch würde auch dieser 
Vergleich in manchen Punkten nicht passen. 
Im konst. Reichstage ist die Einrichtung der Ausschüsse insbesondere 
aus dem Gesichtspunkte angegriffen worden, weil fie bez. ihre Mitglieder 
nicht verantwortlich seien; vgl. die Ausführungen der Abg. Schulze und 
Ree in den Sitzungen v. 23. u. 26. März 1867 St.BB. 339 und 356. 
Richtig ist, daß ebensowenig wie das Plenum des Bundesrats die Ausschüsse 
für ihre Funktionen eine verfassungsmäßige Verantwortlichkeit tragen, und 
eine andere Bestimmung hätte auch nicht getroffen werden können, weil die 
Bundesratsbevollmächtigten überall an Instruktionen gebunden find. So- 
weit aber ihr tatsächlicher Einfluß sich auf die ihnen zu erteilende Instruk-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.