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Preußens sein, und dieses Vertrauen darf nicht erschüttert werden, solange
man uns die Vertragstreue hält.“
Dieser Gedanke hat in der einleitenden Bestimmung der Reichsverfassung
durch die Worte: „schließen einen ewigen Bund“ vollen Ausdruck gefunden.
Ohne Rücksicht auf die große Verschiedenheit des Maßes von politischer
Macht, über das die einzelnen deutschen Bundesstaaten auf Grund ihrer
territorialen Größe und sonstigen Machtmittel verfügen würden, wenn sie
in Europa isoliert ständen, sind fie nun, nachdem das Reich gegründet ist,
auf Grund der Verträge und ihres historischen Rechts einer dem anderen
grundsätzlich gleichberechtigt. Die Gleichberechtigung schließt keineswegs aus,
daß bei der Verwaltung der gemeinsamen Angelegenheiten dem einen Staat
weitergehende Befugnisse als dem anderen eingeräumt werden, wie es die
Reichsverfassung tatsächlich bestimmt, indem sie Preußen in Gestalt seiner
Präsidialbefugnisse und den anderen größeren Staaten durch die Erhöhung
der Stimmenzahl im Bundesrat weitgehende Prärogativen bei der Ver-
waltung der Reichsangelegenheiten einräumt. In dieser Verschiedenheit liegt
kein Moment, das der Gleichberechtigung widerspricht, da die größeren
Bundesstaaten durch die höhere Zahl ihrer Einwohner mit einem ent-
sprechend schwereren Interessengewicht an den Reichsangelegenheiten beteiligt
find. Jedoch die Gleichberechtigung der Einzelstaaten, der größten wie der
kleinsten, kommt positiv zum Ausdruck einmal in der Tatsache, daß in der
einleitenden Bestimmung der Reichsverfassung die staatsrechtliche Existenz und
Integrität der Bundesstaaten garantiert ist, sodaß insofern alle für einen und
einer für alle einstehen müssen, und ferner darin, daß die Lasten des Reichs
sowie umgekehrt gewisse finanzielle Überschüsse des Reichs (überweisung von
Erträgen der indirekten Steuern) für alle gleich verteilt werden, d. h. natür-
lich nicht absolut gleich, aber nach gleichem Maßstabe, es sei denn, daß
etwa ein Staat sich freiwillig bereit findet, größere Lasten zu übernehmen.
Die Gleichheit der Lastenverteilung ist, wie von Laband 1 S. 105 mit Recht
hervorgehoben wird, in der Reichsverfassung mit besonderer Deutlichkeit zum
Ausdruck gekommen bei der Bestimmung über die Verteilung der Militär-
lasten (Art. 58) und Matrikularbeiträge (Art. 70), ist aber auch, abgesehen
von diesen Sonderbestimmungen, ein allgemeines Prinzip der Reichsverfassung.
Wenn der Verteilungsmaßstab der Matrikularbeiträge nicht gerecht wirkt,
weil er nur nach der Einwohnerzahl, nicht nach der davon verschiedenen
finanziellen Leistungsfähigkeit der Einzelstaaten abgestuft ist, so ist dies
darauf zurückzuführen, daß ein wirklich gerecht und gleichmäßig wirkender
Maßstab bisher noch nicht gefunden ist, und insbesondere von den Ver-
tretern Preußens im Bundesrat ist schon oft, auch im Reichstage, die
Erklärung abgegeben worden, daß sie gern bereit wären, für eine mehr
gerecht wirkende Art der Verteilung einzutreten, sobald ein besserer Ver-
teilungsmaßstab gezeigt und seine technische Ausführbarkeit nachgewiesen
wäre. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Einzelstaaten, die als Maß-
stab für die Verteilung der Matrikularbeiträge in Betracht kommen könnte
und bereits vorgeschlagen ist, nach einem einheitlichen, wechselseitige Ver-
gleiche zulassenden System festzustellen, ist bisher nicht gelungen. Vielleicht
werden die Erfahrungen, die auf dem Gebiete der Reichs-Erbschaftssteuer
(Ges. v. 3. Juni 1906 — R. G. Bl. S. 654) gewonnen werden, mit der
Zeit die Unterlagen für die Ermittlung eines solchen Maßstabes liefern.