256 III. Bundesrat. Art. 8.
durch die bei den Bundesstaaten akkreditierten preußischen Gesandten den Regie-
rung Nachrichten zukommen lassen; vgl. Jagemann S. 85f. Es hat den An-
schein, daß der Ausschuß nur bestimmt ist, in besonders wichtigen Fällen in
Tätigkeit zu treten und daß seine Funktion neben der Annahme der In-
sormationen in einem Meinungsaustausch hierüber besteht, natürlich aber
nicht in der Beschlußfassung. Die Entscheidung steht allein dem Kaiser zu.
Der Ausschuß tritt danach nur selten in Aktion; z. B. ist es aus Anlaß
der chinesischen Wirren und der durch sie veranlaßten Beteiligung Deutsch-
lands an der Expedition nach China geschehen. Seine damaligen Funk-
tionen werden durch die Ausführungen beleuchtet, die der bayrische Bundes-
ratsbevollmächtigte Graf v. Lerchenfeld = Köfering in der Reichstagssitzung
v. 22. Nov. 1900 St. B. 75 machte. Ferner ist der Ausschuß i. J. 1908
einmal in Funktion getreten, als durch eine ungünstige Konstellation
der Beziehungen Deutschlands zum Auslande eine Beunruhigung über
die auswärtige Lage sich vorübergehend im öffentlichen Leben fühlbar ge-
macht hatte.
Bei dem Ausschuß für die auswärtigen Angelegenheiten ist Preußen
nicht beteiligt, weil es sich in diesem Ausschusse in der Hauptsache um
Informationen und allenfalls Anregungen für die Behandlung der aus-
wärtigen Angelegenheiten handeln kann. Die Leitung der auswärtigen
Politik liegt gemäß Art. 11 R.V. dem Kaiser ob, und deshalb ist es nicht
denkbar, daß die preußische Regierung noch einer besonderen, durch den
Ausschuß des Bundesrats zu vermittelnden Information über die aus-
wärtige Politik bedarf. Bezüglich dieses Ausschusses ist übrigens durch die
Reichsverfassung eine Anderung des mit den Süddeutschen Staaten verein-
barten Verhältnisses herbeigeführt. Denn in dem Versailler Vertrage
v. 23. Nov. 1870 B. G. Bl. 1871 S. 9, der im Art. II § 6 den Ausschuß
für die auswärtigen Angelegenheiten neu einführte, sind nur die Bevoll-
mächtigten von Bayern, Sachsen und Württemberg vorgesehen. Die Reichs-
verfassung fügte noch zwei Bevollmächtigte hinzu, die vom Bundesrat
alljährlich aus den Vertretern anderer Bundesstaaten zu wählen sind. Dies
geschieht nach der G. O. in der Weise, daß der Bundesrat die Staaten
bezeichnet, denen das 4. und 5. Mitglied des Ausschusses angehören sollen.
Dabei ist zu beachten, daß nach dem Wortlaut des Art. 8 diese Ausschuß-
mitglieder im Gegensatz zu den anderen nicht bei Beginn einer jeden Session,
sondern alljährlich zu wählen find.
Zu der Frage, wo der Ausschuß zusammentritt, erklärte auf eine
Anfrage des Abg. Lasker der Präfident Delbrück in der Reichstagssitzung
v. 8. Dez. 1870 St. B. 141, daß dieser wie die anderen Ausschüsse nur
an dem Ort zusammentreten kann, wo das Plenum tagt. Die Erklärung
hat eine Bestätigung im § 20 der G.O. gefunden, wonach die Bundesrats-
ausschüsse sich „am Sitze des Bundesrats“ versammeln. Dadurch ist nicht
ausgeschlossen, daß der Ausschuß ebenso wie das Plenum des Bundesrats
sich wegen außerordentlicher Verhältnisse außerhalb Berlins versammelt.
Dagegen besteht hinsichtlich der Zeit des Zusammentritts nicht dieselbe
Abhängigkeit vom Plenum. Der Ausschuß kann wie alle anderen Aus-
schüsse zu einer Zeit zusammentreten, in der das Plenum nicht versammelt
ist (vgl. oben 1 3). In Ansehung des Ausschusses für die auswärtigen
Angelegenheiten hat dies Fürst Bismarck in der Reichstagsfitzung v. 4. Dez.