III. Bundesrat. Art. 10. 265
Artikel 10.
Dem Kaiser liegt es ob, den Mitgliedern des Bundesrates den üb-
lichen diplomatischen Schutz zu gewähren.
Zum Verständnis des Art. 10 ist daran zu erinnern, daß die Bundes-
ratsbevollmächtigten nicht Reichsbeamte sind, daß sie aus der Reichskasse
kein Gehalt beziehen, vom Kaiser oder Reichskanzler nicht angestellt werden,
seiner Disziplinargewalt nicht unterworfen und keinem Reichsorgan für ihre
Abstimmung verantwortlich find. Wohl aber find sie ihrer Landesregierung
für ihre Abstimmung wie für ihre gesamte Tätigkeit im Bundesrate ver-
antwortlich. Sie unterliegen, soweit sie Staatsbeamte sind — und dies
ist wohl ausnahmslos der Fall — der Disziplinargewalt ihres Landes-
Souveräns und beziehen aus der Kasse ihres Landes Gehalt; vgl. auch
Laband 1 S. 222 f. Unbeschadet dieser ihrer Beamtenstellung kann man fie
in ihrem Verhältnis zum Reich als Gesandte oder Geschäftsträger ansehen,
die von den Regierungen der Einzelstaaten beim Reich bestellt sind. Mit
Rücksicht hierauf wird ihnen der übliche diplomatische Schutz gewährt. Dieser
diplomatische Schutz bildet einen Ausgleich für die den Bundesratsmitgliedern
ebenso wie den Diplomaten durch ihr Amt auferlegte Last, außerhalb ihres
Heimatsstaates zu wohnen. Natürlich kann sich deshalb der Schutz nur auf
die nichtpreußischen Mitglieder und auf diese auch nur soweit beziehen, als sie
durch ihr Amt genötigt sind, sich außerhalb ihres Heimatsstaates aufzuhalten.
In dem Worte „üblich“ liegt die Garantie, dafür daß sich der diplo-
matische Schutz auf die Familienmitglieder, das Geschäftspersonal und die
sonstigen zum Haushalt gehörigen Personen bezieht. Denn dies ist für die
Vertreter der Diplomatie üblich; auch für diesen weiteren Personenkreis
gilt die Bestimmung nur, soweit er aus Nichtpreußen besteht.
Aus der mit dem diplomatischen Schutz verbundenen Exterritorialität
ergibt sich ohne weiteres die Befreiung von preußischen direkten, jedoch
nicht von preußischen indirekten Steuern, da letztere, die meistens den
Charakter von Verbrauchsabgaben haben, im Sinne der herrschenden An-
chauung, eine Unterwerfung unter die Gewalt des die Steuer auferlegenden
taates nicht voraussetzen. Im übrigen ist die Wirkung der Exterritorialität
mit Rücksicht auf die durch Art. 3 R.V. für die wesentlichsten persönlichen
und staatsbürgerlichen Rechte vorgeschriebene gleichmäßige Behandlung aller
Reichsangehörigen nicht bedeutend.
Eine besondere Ausführung hat Art. 10 durch das G.V.G., die C.P.O.
und die St. P. O. erhalten. 8 18 Abs. 2 G.V. G. bestimmt:
„Die Chefs und Mitglieder der bei einem Bundesstaate beglaubigten
Missionen find der Gerichtsbarkeit dieses Staates nicht unterworfen. Das-
selbe gilt von den Mitgliedern des Bundesrats, welche nicht von demjenigen
Staate abgeordnet sind, in dessen Gebiete der Bundesrat seinen Sitz hat.“
§ 19: „Auf die Familienmitglieder, das Geschäftspersonal der im § 18 ge-
nannten Personen und auf solche Bedienstete derselben, welche nicht
Deutsche find, finden die vorstehenden Bestimmungen Anwendung.“
Inbezug auf die Bundesratsmitglieder ist § 19 finnentsprechend so
auszulegen, wie wenn statt „Deutsche“ „Preußen“ gesagt wäre. Die Regel