IV. Prüsidium. Art. 11. 287
der Reichsgesetzgebung wie überhaupt auf die innere Politik der beteiligte
Staaten ausgeschlossen ist. Bündnisse von der Art des Dreibundes, deren
Inhalt sich in einer Disposition über die bewaffnete Macht erschöpft, gehören
also zu der ausschließlichen Prärogative des Kaisers. Dies hindert natür-
lich nicht, daß im Hinblick auf die außerordentliche Bedeutung solcher
Bündnisse aus politischen Gründen die Regierungen der Einzelstaaten zu-
gezogen werden. .
Der Dreibund stellt im Sinne seiner Urheber einen Versicherungsvertrag
zur Aufrechterhaltung des Friedens dar. Den gleichen Zweck verfolgen
Verträge, die in neuerer Zeit anfangen eine gewisse Rolle zu spielen, wenn
ste auch in ihrer tatsächlichen Erscheinung auf ganz anderem Gebiet liegen,
die zwischen mehreren Staaten geschlossenen Schiedsverträge. Auch sie gehören
zur ausschließlichen Prärogative des Kaisers; vgl. Bl S. 278. Wenn
allerdings, wie es z. B. in den neuen Handelsverträgen meistens der Fall ist,
die Schiedsklausel in einen Vertrag aufgenommen ist, der mit Rückficht auf
seinen übrigen Inhalt gemäß Art. 11 Abs. 3 nur unter Mitwirkung des
Bundesrats und Reichstags zustandekommen kann, so unterliegt die Schieds-
klausel in gleicher Weise wie der übrige Inhalt des Vertrages der Geneh-
migung der gesetzgebenden Körperschaften. An sich aber bedarf ein Schieds-
vertrag dieser Genehmigung nicht, auch dann nicht, wenn er sich auf die
Schlichtung von Streitfragen bezieht, die in den durch Art. 11 Abs. 8 R.V.
bezeichneten Materien der Reichsgesetzgebung entstehen. Denn das durch
Art. 11 Abs. 3 umgrenzte Gebiet der Reichsgesetzgebung wird nicht berührt,
wenn für gewisse internationale Streikfragen, die durch einfachen diploma-
tischen Schriftwechsel nicht erledigt werden können, eine internationale
Gerichtsbarkeit eingerichtet wird an Stelle des sonst allein gegebenen Weges
der diplomatischen Vermittelung und an Stelle der Selbsthülfe, die nach
Erschöpfung aller diplomatischen Mittel bei dem Fehlen einer internationalen
Gerichtsbarkeit nur übrig bleibt.
Was den Wirkungskreis der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit an-
betrifft, so ist die Idee der Einrichtung eines für Streitigkeiten aller Länder
und jeder Art zuständigen sogen. „Weltschiedsgerichts“ mindestens auf ab-
sehbare Zeit nicht realifierbar, wie die Verhandlungen der zweiten Haager
Friedenskonferenz von 1907 ergeben haben; val. Weißbuch in den An-
lagen der 12. Leg.-Per. Sess. I Bd. 4 Nr. 527 S. 43 ff., Denkschrift S. 3ff.,
einmal weil selbst diejenigen Staaten, die im Prinzip sich zu der Idee eines
Weltschiedsgerichts bekannten — übrigens auch nur mit der Beschränkung auf
streitige Rechtsfragen, insbesondere über die Anwendung und Auslegung
internationaler Verträge — durch die Annahme der sogen. Ehrenklausel der
Vereinbarung die praktische Bedeutung nehmen. Die Ehrenklausel bedeutet,
daß abgesehen von gewissen Ausnahmefällen eine Verpflichtung zur An-
rufung des Schiedsgerichts nicht bestehen soll, wenn die Lebensinteressen,
die Unabhängigkeit oder die Ehre einer der streitenden Parteien beteiligt ist.
Eine Formel von solcher Elastizität macht jede Verpflichtung illusorisch.
Dazu kommt der Umstand — über den man bei der Konferenz nach den
Mitteilungen der Denkschrift einig war — daß Streitfragen, die auf einem
Gegensatz der politischen Interessen beruhen, keinen Gegenstand einer richter-
lichen Entscheidung bilden können, also auch einem internationalen Schieds-
gericht nicht vorgelegt werden dürfen, vielmehr nach wie vor der diploma-