Full text: Die Verfassung des Deutschen Reichs mit Erläuterungen.

380 IV. Präsidium. Art. 18. 
I. Der Begriff des Reichsbeamten. 
II. Reichsbehörden. 
III. Reichsbehörden und Reichsbeamte in ihrer Stellung zu der Exekutivgewalt des 
Kaisers. 
IV. Das Verhältnis zum Reichstage bei der Behördenorganisation und Ämterbesetzung. 
V. Das Verhältnis zu den Einzelstaaten bei der Behördenorganisation. 
VI. Das Ernennungsrecht des Kaisers. 
VII. Die Mitwirkung des Bundesrats bei der Amterbesetzung. 
VIII. Die Ausführung des Art. 18. 
IX. Der Schutz der bereits erworbenen Rechte der zu einem Reichsamt berufenen 
Beamten eines Bundesstaats. 
I. Der Begriff des Reichsbeamten. 
Eine allgemeine Begriffsbestimmung für den öffentlichen Dienst und 
den Beamten läßt sich nicht feststellen. Eine gesetzliche Definition gibt es 
nicht, die Rechtsprechung ist schwankend und zu einer sicheren Feststellung 
des Begriffs noch nicht gelangt. Aus dem Sprachgebrauch oder aus 
allgemeinen juristischen oder logischen Sätzen kann man zu einem befriedigen- 
den Ergebnis ebenfalls nicht kommen, weil die Elemente, aus denen der 
Begriff des Beamten vielleicht zusammengestellt werden könnte — öffent- 
licher Dienst, Anstellungsverhältnis, Gewaltverhältnis des Anstellenden — 
ihrerseits auch nicht feststehen. Wenn z. B. in der Entsch. des Reichs- 
gerichts v. 24. März 1882 (II. Cs. Bd. 6 S. 105) festgestellt wird, daß „der 
Staatsdienst ein Gewaltverhältnis des Staates dem Beamten gegenüber 
voraussetzt“, so steht die Frage offen, wann ein Gewaltverhältnis besteht 
und ob dies die einzige Voraussetzung ist und wenn Laband 1 S. 338 das 
Staatsamt als einen durch das öffentliche Recht begrenzten Kreis von staat- 
lichen Geschäften definiert, so bleibt zweifelhaft, wo das öffentliche Recht 
anzuwenden ist und wo nicht. Ein verhältnismäßig sicheres Moment für 
die Begriffsbestimmung würde gegeben sein, wenn man die ausdrücklichen 
Bestimmungen der Anstellung zugrunde legen könnte. Das Reichsgericht 
(Urt. v. 9. März 1896 IV. Cs. Bd. 37 S. 241) hat aber einem Beamten 
diese Eigenschaft mit der Konsequenz der Unentlaßbarkeit zugesprochen unter 
der Voraussetzung, daß bei der Anstellung die Kündigung ausdrücklich 
vorbehalten worden ist. Arndt S. 634 f. bemerkt mit Recht, daß in der 
Regel die Gewalt des Staates seinen mit dem Privileg der Unentlaßbar- 
keit ausgerüsteten Beamten gegenüber geringer ist als denjenigen Personen 
gegenüber, welche dieselbe Tätigkeit ohne Beamte zu sein und mit der 
Bedingung ausführen, daß ihnen jederzeit gekündigt werden kann. Deshalb 
ist die Bezeichnung des Amtes als eines „Gewaltverhältnisses“ nicht ein- 
wandsfrei; vgl. auch Meyer § 106 und § 143 und die dort angeführte 
Literatur. Es muß also für den allgemeinen Begriff des Beamten auf 
eine umfassende Definition verzichtet werden. Dagegen ergibt sich für die 
Reichsbeamten eine klare und einfache, jeden Zweifel ausschließende Bestim- 
mung aus dem Wortlaut des Art. 18. Reichsbeamte sind danach die vom 
Kaiser ernannten Beamten. Die Verfassung drückt sich nur dahin aus, 
daß der Kaiser die Reichsbeamten ernennt, gleich als ob der Begriff der 
Reichsbeamten schon feststände und es sich nur darum handelte, dem Kaiser 
das Ernennungsrecht zu übertragen. Wenn aber der Kaiser alle Reichs-
	        
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