Full text: Die Verfassung des Deutschen Reichs mit Erläuterungen.

IV. Präsidium. Art. 18. 381 
beamten ernennt, so geht daraus zwingend der Schluß hervor, daß Reichs- 
beamter nur ist, wer vom Kaiser — oder kraft Delegation dieses kaiser- 
lichen Rechts — vom Reichskanzler oder dessen Stellvertretern zum Reichs- 
beamten ernannt ist. Obwohl durch die im Art. 18 bestimmte Übertragung 
des Ernennungsrechts auf den Kaiser eigentlich nur der Zweck verfolgt war, 
das Ernennungsrecht anderer Faktoren, insbesondere des Bundesrats aus- 
zuschließen und den Begriff des Reichsbeamten im Verhältnis zu dem des 
Landesbeamten abzugrenzen, liegt deshalb doch in der gewählten Fassung 
auch eine Abgrenzung des Nicht-Reichsbeamten zum Reichsbeamten und damit 
eine nach jeder Richtung erschöpfende Begriffsbestimmung des Reichsbeamten. 
Allerdings genügte diese Begrenzung des Begriffs nicht mehr, als man 
daran ging, die Verhältnisse der Reichsbeamten gesetzlich zu regeln. Das 
Reichsbeamtengesetz v. 31. März 1873 in der Fassung v. 18. Mai 1907 
R.G.B. S. 245 bestimmt im § 1: 
„Reichsbeamter im Sinne dieses Gesetzes ist jeder Beamte, welcher 
entweder vom Kaiser angestellt oder nach Vorschrift der Reichsverfassung 
den Anordnungen des Kaisers Folge zu leisten verpflichtet ist.“ 
Es gibt also für das Reichsbeamtengesetz zwei Kategorien von Reichs- 
beamten: einmal die vom Kaiser angestellten Beamten — diese Kategorie 
ist identisch mit den durch Art. 18 R.V. bezeichneten Beamten — und 
ferner diejenigen Beamten, die zwar nicht vom Kaiser angestellt, aber nach 
Vorschrift der Reichsverfassung den Anordnungen des Kaisers Folge zu leisten 
verpflichtet find. Damit sind die mittleren und unteren Beamten der Post 
und Telegraphie gemeint, die nach Art. 50 R.V. nicht wie die oberen 
Beamten vom Kaiser, sondern von den Landesregierungen angestellt werden 
sollen, aber verpflichtet sind, den kaiserlichen Anordnungen Folge zu leisten, 
ferner die Militärbeamten, die auf Grund des Art. 64 R.. dieselbe Pflicht 
haben, obwohl fie von den Kontingentsherren der Einzelstaaten angestellt 
werden; vgl. §§ 120 —123 des Reichsbeamtengesetzes — ausgenommen die 
Militärbeamten Bayerns; vgl. Bündnisvertrag mit Bayern v. 23. Nov. 
1870 III 8 5 B. G. Bl. S. 20; übrigens haben die Landesregierungen zum 
größten Teil ihr Recht zur Ernennung von Postbeamten auf das Reich 
übertragen. Man nennt diese zweite Kategorie von Reichsbeamten „mittel- 
bare Reichsbeamte“. Die Bezeichnung stammt daher, daß nach dem 
kaiserlichen Erlaß v. 3. Aug. 1871 R.G Bl. S. 318 nur die vom Kaiser 
ernannten Beamten als Kaiserliche bezeichnet werden und deshalb eine 
besondere Kategorie bilden. Die Landesbeamten von Elsaß-Lothringen, 
soweit sie nicht vom Kaiser ernannt werden, gehören weder zu den unmittel- 
baren noch zu den mittelbaren Reichsbeamten; vgl. die Entsch. des preuß. 
Oberverwaltungsgerichts v. 21. Dez. 1906 Bd. 50 S. 125. 
Der Begriff des Reichsbeamten ist daher gesetzlich festgelegt und die 
durch das Reichsgericht und in der Wissenschaft für die Eigenschaft des 
Beamten als solchen aufgestellten Normen sind für den Reichsbeamten- 
Begriff nicht maßgebend. Es trifft z. B. die von Zorn I S. 296 ge- 
gebene Definition „Beamter ist, wer auf Grund eines dauernden Dienst- 
verhältnisses zur Ausübung von Funktionen der Staatsgewalt berufen ist" 
— mindestens für den Reichsbeamten nicht zu. Das Reichsrecht kennt auch 
Beamte, bei denen von Anfang an nicht ein dauerndes Dienstverhältnis 
in Aussicht genommen ist. Denn § 2 des Reichsbeamtengesetzes bestimmt:
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.