384 IV. Präsidium. Art. 18.
bezüglich der Verwaltungsbehörden besteht keine andere Beschränkung für
die Reichsverwaltung als sich aus der Notwendigkeit ergibt, daß alle Aus-
gaben durch das Etatsgesetz bewilligt werden.
IV. Das Berhältnis zum Reichstage bei der Behördenorganisation
und Amterbesetzung.
Aus dem Prinzip, daß alle Ausgaben durch das Etatsgesetz bewilligt
werden müssen, ergeben sich die Schranken, welche die Reichsverwaltung bei
der Behördenorganisation innehalten muß. Der Reichstag faßte allerdings
bald nach seiner Entstehung, in der Sitzung v. 27. Sept. 1867 St. B. 128
den Beschluß, daß die Errichtung neuer Behörden oder Beamtenstellen sowie
die Erhöhung von Beamtengehältern nicht ohne vorgängige Bewilligung
des Reichstags durch den Haushaltsetat oder durch eine besonderes Kredit-
gesetz erfolgen dürfe. Als der Abg. Richter sich in der Sitzung v. 13. April
1872 auf diesen Beschluß berief und Einspruch dagegen erhob, daß gleich-
wohl vor der Bewilligung seitens des Reichstags die Reichsverwaltung mit
der Schaffung der neuen Stelle eines Chefs der Admiralität einseitig vor-
gegangen sei, erklärte der Präsident des Reichskanzleramts St. B. 26 f., daß
das (in dem vorgelegten Nachtragsetat ausgeworfene) Gehalt der gedachten
Stelle weder bewilligt noch bezahlt sei, daß daher der Reichstag in dieser
Beziehung vollkommen freie Hand habe, und daß, was die Errichtung der
Stelle selbst anlange, „soweit sie eben vermöge ihrer Verbindung mit dem
Etat ein Akt der Gesetzgebung sei, insoweit durch die Vorlage die Zu-
stimmung des Reichstags zu dieser Organisation erbeten werde.“ Hierin
liegt noch kein Zugeständnis dafür, daß die Organisation der Behörden
grundsätzlich nur im Wege der Gesetzgebung durchgeführt werden
Richtig ist nur, daß neue Organisationen praktisch, de facto, oal
Reichstag nicht durchgeführt werden können, wenn fie neue besoldete b 11.
stellen oder neue sächliche Ausgaben erfordern. Andererseits besch n.
die Beteiligung des Reichstags auf die Bewilligung der Ausgav. „
innere Einrichtung und den Sitz der Behörde sowie ihre Zustän. à
wenn es sich lediglich um Verwaltungsfunktionen handelt, zu bestim ##,
ist nur Sache der Reichsverwaltung. Die Rechtslage wird dadurch deutlich,
daß — wie unbestreitbar ist und der ständigen Praxis entspricht — die
Reichsverwaltung bez. der Bundesrat völlige Freiheit in der ämter-
organisation hat, wenn dadurch Etatsüberschreitungen nicht entstehen. Die
Reichsverwaltung und der Bundesrat können also nach Belieben unbesoldete
Amter schaffen, Behörden einsetzen, deren Mitglieder lediglich im unbesoldeten
Nebenamt tätig sind, Stellen einziehen, den Sitz der Behörden bestimmen,
ohne irgendwie an die Mitwirkung des Reichstags gebunden zu sein, weil-
alle diese Maßregeln den Etat nicht berühren. Dagegen kann der von Laband I
S. 345 aufgestellte Satz, daß jede Behörde sowohl für den ihr obliegenden
Geschäftskreis als für die ihr delegierte Staatsgewalt einer gesetzlichen Be-
stimmung zur Grundlage bedürfe, nicht uneingeschränkt als richtig anerkannt
werden. Zuzugeben ist, daß richterliche Behörden für ihre Entscheidungen
einer gesetzlichen Grundlage bedürfen, d. h. nicht nur die einzelne Ent-
scheidung muß auf dem Gesetz beruhen, sondern die Autorität der Behörde
richterliche Entscheidungen überhaupt zu treffen muß gesetzlich begründet sein.