Full text: Die Verfassung des Deutschen Reichs mit Erläuterungen.

V. Reichstag. Art. 20. 393 
„Diese Exekution ist 
a) inbetreff militärischer Leistungen, wenn Gefahr im Verzuge, von 
dem Bundesfeldherrn anzuordnen und zu vollziehen, 
b) in allen anderen Fällen aber von dem Bundesrate zu beschließen 
und von dem Bundesfeldherrn zu vollstrecken. 
Die Exekution kann bis zur Segquestration des betreffenden Landes 
und seiner Regierungsgewalt ausgedehnt werden. In den unter a bezeich- 
neten Fällen ist dem Bundesrate von Anordnung der Exekution unter 
Darlegung der Beweggründe ungesäumt Kenntnis zu geben." 
Mit Bezug auf die Weoglassung dieser Stelle bei der Redaktion der 
Reichsverfassung erklärte der Präsident des Bundeskanzleramts Delbrück in 
der Reichstagssitzung v. 5. Dez. 1870 St. B. 70, daß die Änderung des 
Art. 19 faktisch nicht wesentlich sei und daß die Veranlassung zu der 
Anderung hauptsächlich auf dem Gebiet der „internationalen Konvenienz“ 
liege. Mit anderen Worten, man hat aus einer der Rücksichten, die staats- 
rechtlich nichts, politisch und diplomatisch viel bedeuten, unterlassen, die 
Maßregeln der Exekution zu definieren, um nicht ein unfreundliches Bild 
in der Verfassung klarer als unbedingt notwendig aufzurollen und dadurch 
bei den süddeutschen Staaten, denen gegenüber die diplomatische Konnivenz 
eine besonders große Rolle spielte, einen unerwünschten Eindruck hervor- 
zurufen. In der Sache selbst bedeutet die Weglassung dieser Sätze nichts, 
und die Segquestration bleibt als äußerstes Mittel nach wie vor möglich; 
ebenso Arndt S. 110, v. Rönne I S. 72, v. Seydel S. 190, Zorn 1 S. 140. 
Welche Exekutionsmittel im einzelnen Falle anzuwenden find, unterliegt 
der Beschlußfassung des Bundesrats nicht, sondern steht lediglich im freien 
Ermessen des Kaisers. Auch Waffengewalt ist nicht ausgeschlossen. Dabei 
ist zu berücksichtigen, daß es sich nicht um eine Strafexpedition handelt, 
daß Vergeltung für den Ungehorsam nicht zu üben ist, sondern daß der 
Zweck der Maßregel sich darauf beschränkt, nach Erschöpfung aller diplo- 
matischer Mittel den reichsverfassungsmäßigen Zustand mit Gewalt einzu- 
richten; ebenso Laband 1 S. 102 A. 1. Aus dem Wortlaut des Art. 19 
ergibt sich, daß der Kaiser nur bezüglich der Art der Ausführung der 
Exekution freie Hand hat, nicht aber auch nach der Richtung, ob fie über- 
haupt auszuführen ist. Über letztere Frage entscheidet der Bundesrat 
bindend; ebenso v. Rönne 1 S. 71. Nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen 
muß der schuldige Staat die Kosten des Verfahrens tragen; ebenso v. 
Seydel S. 190, v. Rönne I S. 73. 
V. Reichstag. 
Artikel 20. 
Der Reichstag geht aus allgemeinen und direkten Wahlen mit ge- 
heimer Abstimmung hervor. 
Bis zu der gesetzlichen Regelung, welche im § 5 des Wahlgesetzes vom 
31. Mai 1869 (Bundesgesetzbl. 1869. S. 145) vorbehalten ist, werden in 
Bayern 48, in Württemberg 17, in Baden 14, in Hessen südlich des
	        
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