34 I. Bundesgebiet. Art. 1.
des Reichs bereits einen Bestandteil des Bundesgebiets bildete, während
dies bezüglich Helgolands nicht der Fall war und deshalb durch § 1 des
Reichsgesetzes v. 15. Dez. 1890 ausdrücklich erklärt wurde:
„Das Reich erteilt seine Zustimmung dazu, daß die Insel dem preu-
ßhischen Staate einverleibt wird."“
Bei Lauenburg dagegen handelte es sich im Jahre 1876 nur um den
Übergang von der Personal= zur Realunion, und dies ist als eine innere
Angelegenheit Preußens aufgefaßt worden.
IV. Schutzgebiete.
Die deutschen Schutzgebiete find kein Bestandteil des Bundesgebiets im
Sinne des Art. 1. Sie sind vielmehr Kolonien des Reichs, die unter der
Souveränität des Reichs stehen. Die sogen. Schutzgewalt ist nichts anderes
als die dem Reich zustehende Staatsgewalt, auf Grund deren die Gesetz-
gebung, Verwaltung und Rechtsprechung in den Schutzgebieten unter Aus-
schluß jeder ausländischen Einwirkung Reichssache ist. Grundsätzlich find
demnach die Schutzgebiete kein Ausland, und viele Reichsgesetze finden in
den Schutzgebieten Anwendung. Nach allgemeinen Regeln ist die Aus-
dehnung des Wirkungskreises der einzelnen Reichsgesetze auf die Schutz-
gebiete nicht zu bestimmen, vielmehr ist diese Frage für jedes Reichsgesetz
besonders zu beantworten; vgl. F. Sabersky Der koloniale Inlands= und
Auslandsbegriff, Berlin 1907.
Die Rechtsverhältnisse der Schutzgebiete sind durch das Schutzgebiets-
gesetz geregelt, dessen neuer Text u. d. 10. Sept. 1900 im R. G. Bl. S. 813
bekannt gemacht ist. Danach übt der Kaiser im Namen des Reichs die
Schutzgewalt in den deutschen Schutzgebieten aus. Einer Mitwirkung des
Bundesrats und des Reichstags bedarf es nur, wenn der Weg der Reichs-
gesetzgebung beschritten werden soll. Erforderlich ist letzteres nur, wenn
bestehende Reichsgesetze abgeändert oder aufgehoben werden oder wenn das
Reich finanzielle Lasten übernehmen soll, da dann mit Rücksicht auf die
durch Art. 69 R.V. begründete Notwendigkeit, diese Lasten in das Etats-
gesetz aufzunehmen, die Zustimmung des Bundesrats und des Reichstags
in jedem Fall eingeholt werden muß; natürlich genügt auch die Regelung
durch das Etatsgesetz allein. Im übrigen sind die aus der Schutzgewalt
sich ergebenden Machtbefugnisse des Kaisers unbeschränkt. Ein Teil der
Reichsgesetzgebung — bürgerliches Recht, Strafrecht und Zivil= und Straf-
prozeßordnung — ist durch § 3 des Schutzgebietsgesetzes eingeführt; vgl.
Laband II S. 259ff., Zorn 1 S. 563ff., Meyer S. 214 und 486 ff., Arndt
S. 757ff.
V. Die Änderung der Grenzen des Reichs.
Nach Art. 1 ist der Umfang des Reichs durch die Reichsverfassung
bestimmt, und daraus ergibt sich ohne weiteres, daß eine Vergrößerung
oder Verminderung des Reichsgebiets und überhaupt eine Anderung seiner
bei der Gründung des Reichs vorhanden gewesenen Grenzen nur durch ein
die Verfassung änderndes Reichsgesetz oder durch einen — dem Reichsgesetz
in seiner Bedeutung gleichstehenden — Staatsvertrag des Reichs erfolgen
kann — vgl. Art. 1 der Vereinbarung zwischen dem Deutschen Reich