482 VI. Zoll= und Handelswesen. Art. 33.
dem Präsidium der Krone Preußen ein besonderer Bundesrat des Zoll-
vereins als gemeinschaftliches Organ der Regierung und das Zollparlament
als gemeinschaftliche Volksvertretung eingerichtet und der Vertrag v. 8. Juli
1867 nebst dem dazu gehörigen Schlußprotokoll von den gesetzgebenden
Faktoren sowohl des Norddeutschen Bundes wie der vier Süddeutschen Staaten
genehmigt. Damit war der Gründung des Reichs der Boden vorbereitet;
es brauchte nur noch das vertragsmäßige Verhältnis in den dem Bündnis
der Norddeutschen Staaten entsprechenden verfossungsmäßigen Zustand über-
geleitet zu werden mit dem praktischen Ergebnis, daß dadurch die Zoll-
und Handelseinheit auch in der Verbindung mit den süddeutschen Staaten
unkündbar wurde. Dies geschah, nachdem der siegreiche Krieg d. J. 1870
die letzten, insbesondere aus einer Intervention Frankreichs drohenden Hinder-
nisse beseitigt hatte, durch die November-Verträge d. J. 1870. Die Art. 33
bis 40 R.V. bilden jetzt auch für die Zoll-, Handels- und Finanzgemeinschast
mit den Süddeutschen Staaten die Grundlage. Der Zollvereinsvertrag v.
8. Juli 1867 hat aber auf Grund des Art. 40 R.V. subsidiäre Geltung auch
in dem neuen Reiche behalten. Außer Zweifel ist es, daß der Zollverein in
dem Reiche aufgegangen ist, dergestalt, daß das Reich sein Rechtsnachfolger
geworden ist; vgl. v. Seydel S 29 ff. und insbesondere die dort angezogenen
Ausführungen des Abgeordneten, früheren Staatsministers Delbrück in der
Reichstagesitzung v. 23. März 1881 St B. 476fff. und derselbe in seiner
Schrift, der Art. 40 der R.V., Berlin 1881 S. 9f.; vgl. zur Geschichte des
Zollvereins v. Rönne II S. 184 ff. und die S. 184 A. 1 angeführte ältere
Literatur, ferner die bei Laband § 119 und Meyer § 58 A. 1 u. 9 S. 154ff.
angeführte neuere Literatur sowie Arndt Kommentar S. 206ff.
II. Deutschland, ein Zoll= und Handelsgebiet.
Durch den 1. Satz des Art. 33 ist die Bestimmung an die Spitze
gestellt, welche die Quintessenz der vor der Gründung des Reichs durch
ein halbes Jahrhundert fortgesetzten Zoll= und Handelspolitik darstellt.
„Deutschland bildet ein einziges Zoll= und Handelsgebiet, umgeben von
gemeinschaftlicher Zollgrenze"“. Alle weiteren Bestimmungen des V.I. Ab-
schnittes stellen nur die Ausführungsvorschriften dieses Leitsatzes dar.
Die Worte „Zoll= und Handelsgebiet“ bilden zu einander keinen
Gegensatz und enthalten keinen begrifflichen Unterschied. Gemeint ist, daß
innerhalb Deutschlands keine Zollgrenze mehr aufgerichtet werden darf,
sondern daß die Zollgrenze, von unbedeutenden Ausnahmen abgesehen, mit
der Reichsgrenze zusammenfällt. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit
einer übereinstimmenden Regelung des Zollwesens und der damit korre-
spondierenden Verbrauchs= oder Produktionssteuern, die auf die im Inland
erzeugten Waren gelegt sind. Die ÜUbereinstimmung ist dadurch herbei-
geführt, daß die Gesetzgebung über das Zollwesen und die Verbrauchs-
steuern zur Reichssache erklärt ist (Art. 35).
III. Die Zollausschlüsse.
Die Zollgrenze deckt sich nicht genau mit der Reichsgrenze, da nach
Art. 33 Satz 2 die wegen ihrer Lage zur Einschließung in die Zollgrenze
nicht geeigneten einzelnen Gebietsteile ausgeschlossen bleiben. Diese Gebiets-
teile sind nicht in der Verfassung genannt und die Aufzählung im Art. 6