516 VI. Zoll- und Handelswesen. Art. 40.
Die Beschlüsse über die von den Kassen der Einzelstaaten der Reichs-
kasse geschuldeten Beträge werden vom Bundesrat endgültig und unter Aus-
schluß des Reichstags gefaßt; vgl. v. Rönne Bd. II 1 A. 1.
Artikel 40.
Die Bestimmungen in dem Zollvereinigungsvertrage vom 8. Juli 1867
bleiben in Kraft, soweit sie nicht durch die Vorschriften dieser Verfassung
abgeändert sind und so lange sie nicht auf dem im Arkikel 7, beziehungs-
weise 78 bezeichneten Wege abgeändert werden.
Die Bestimmung des Art. 40 knüpft an den Rechtszustand an, der vor
der Gründung des Norddeutschen Bundes zur Herbeiführung einer Zoll= und
Handelseinheit in Deutschland zwischen den meisten Staaten des alten
Deutschen Bundes vertragsmäßig herbeigeführt war und der nach der Grün-
dung des Norddeutschen Bundes noch zwischen diesem Bund und den Süd-
deutschen Staaten fortgedauert hat, bis das neue Deutsche Reich ins Leben
trat. Der Einführung des Art. 40 lag der Gedanke zugrunde, alle Be-
stimmungen über das Zollwesen, die bereits zwischen den Einzelstaaten ver-
tragsmäßig vereinbart waren, aufrecht zu erhalten, soweit sie nicht durch
die Gründung des Reichs gegenstandslos werden mußten. Um aber die
Reichsverfassung nicht mit Einzelheiten zu überlasten, nahm man davon
Abstand, den ganzen — sehr umfangreichen — Inhalt der Verträge
zu wiederholen und begnügte sich mit dem Hinweis auf den Zoll=
vereinigungs-Vertrag v. 8. Juli 1867. In diesem Vertrage ist wieder auf
die früheren Verträge verwiesen, die bis zum Jahre 1833 zurückreichen
und zusammen mit den ebenfalls inbezug genommenen Schlußprotokollen
(Anhangsbestimmungen zu den Verträgen) ein kaum zu übersehendes Material
darstellen, dessen größter Teil bisher, d. h. seit der Gründung des Reichs,
kaum zu praktischer Bedeutung gelangt ist und wohl noch kaum jemals zu
praktischer Bedeutung gelangen wird.
Nach dem ersten Eindruck liegt der Schluß nahe, daß dieses ganze
Material durch die Citierung im Art. 40 zum Bestandteil der Reichsver-
fassung geworden sei, aber diese Annahme geht fehl; sie wird durch Art. 40
selbst — wenn auch in etwas verhüllter Form — widerlegt. Art. 40 be-
stimmt nämlich, daß der inbezug genommene Rechtsstoff, soweit er nicht
bereits durch die Reichsverfassung abgeändert ist, auf dem im Art. 7 bez. 7
bezeichneten Wege abgeändert werden kann. Nur Art. 78 betrifft die Ver-
fassungsänderungen. Was den Hinweis auf Art. 7 betrifft, so können, da
es sich um Abänderungen des geltenden Rechts handelt, von den verschiedenen
Bestimmungen, die Art. 7 enthält, nur Ziff. 1 und 2 in Betracht kommen.
d. h. die Vorschriften, daß der Bundesrat über die für den Reichstag be-
stimmten Vorlagen und über die vom Reichstage gefaßten Beschlüsse (Ziff. 1)
sowie über die zur Ausführung der Reichsgesetze erforderlichen allgemeinen
Verwaltungsvorschriften und Einrichtungen beschließt, sofern nicht durch
Reichsgesetz etlwas anderes bestimmt ist. Welche von diesen beiden Vor-
schriften — Gesetzgebung oder Verordnung, Ziff. 1 oder Ziff. 2 — oder ob
beide anwendbar find, soll zunächst dahingestellt bleiben. In jedem Falle
ist das Ergebnis gewonnen, daß nicht stets der Weg der Verfassungsänderung