518 VI. Zoll- und Handelswesen. Art. 40.
schwebte, wie weit der verfassungsrechtliche Charakter der Bestimmungen
reichte und daß ihm die Möglichkeit, der nicht verfassungsrechtliche Rest
könne zum Teil auch in die Verordnungskompetenz des Bundesrats fallen,
nicht augenblicklich zum Bewußtsein kam. Bei anderer Auslegung würde
der vom Abg. Miquel geäußerten Ansicht übrigens der Wortlaut des Art. 40
in gewissem Grade widersprechen. Denn wenn die Verordnungsgewalt des
Bundesrats auf dem Gebiet des durch Art. 40 aufrecht erhaltenen Rechts-
stoffs hätte ganz ausgeschlossen werden sollen, so würde es näher gelegen
haben, statt des Art. 7 den Art. 5 R.V. anzuführen, wo neben den Rechten
des Bundesrats auch die des Reichstags genannt sind.
Das Prinzip der Dreiteilung hat Delbrück in der später von ihm als
Privatarbeit herausgegebenen Schrift „Der Art. 40 der Reichsverfassung“,
Berlin 1881 — näher ausgeführt. Derselben Ansicht sind: Hänel Studien!
S. 120 f. und Staatsrecht ! S. 55 ff., Laband IV S.389, v. Rönne II1 S. 198,
Arndt S. 358, v. Seydel S. 263 ff. (letzterer im Gegensatz zu den Aus-
führungen in der ersten Auflage). Dagegen nimmt Zorn II S. 244 an, daß
der Weg der einfachen Gesetzgebung überhaupt nicht gegeben sei.
Es bleibt noch die Frage zu beantworten, welche von den Bestimmungen
des Zollv.-Vertr. überhaupt noch gelten und wie die in Kraft befindlichen
Bestimmungen sich auf die erste, zweite und dritte Kategorie verteilen. Es
würde zu weit führen, hierbei das ganze weitschichtige Material der früheren,
durch Art. 1 des Zollv.-Vertr. aufgenommenen Vereinbarungen und der
Schlußprotokolle durchzugehen. Die praktische Bedeutung dieser Vorschriften
ist gering. Soweit die durch Art. 40 aufrecht erhaltenen Vorschriften über-
haupt noch praktische Bedeutung haben, sind sie im wesentlichen im Zollv.=
Vertr. v. 8. Juli 1867 selbst enthalten. Bei der Prüfung dieser Be-
stimmungen mitbezug auf ihre Fortgeltung und ihre Gruppierung unter
die drei Kategorien der verfassungsrechtlichen, legislativen und administrativen
Normen ist davon auszugehen, daß alle Bestimmungen noch gelten, die
nicht durch gleichartige oder entgegenstehende Vorschriften der Reichsverfassung
oder der in Ausführung der Reichsverfassung erlassenen Reichsgesetzgebung
ersetzt oder abgeändert sind und daß wegen der allgemeinen Form, in der
im Art. 40 auf diese Vorschriften verwiesen ist, für deren verfassungsrecht-
lichen Charakter die Vermutung spricht.
Danach ergibt sich folgendes (die folgende Darstellung schließt sich im
wesentlichen an die Ausführungen Delbrücks an):
Art. 1: Der erste Absatz über die Zeitdauer des Vertrages ist erledigt,
weil der Zollverein in dem für ewig geschlossenen Bunde, den das Deutsche
Reich darstellt, aufggegangen ist. Der zweite Absatz und die dazu gehörige
Bestimmung im Schlußprotokoll B. G. Bl. S. 107 über die Fortgeltung der
früheren Verträge ist durch Art. 40 aufrecht erhalten, so daß man gegebenen-
falls auch auf dieses frühere Recht zurückgehen muß, und zwar handelt es
sich dabei um eine verfassungsrechtliche Bestimmung. Der dritte Absatz über
die Ausdehnung der Gültigkeit der Verträge auf sämtliche Staaten des
Norddeutschen Bundes ist durch die Reichsverfassung überflüssig geworden.
Art. 2: Die Bestimmung über Zollanschlüsse besteht noch, und zwar
als Verfassungsrecht, gilt aber als solches nur für Luxemburg, dessen Anschluß
auf einem mit sämtlichen Zollvereinsstaaten geschlossenen Vertrage beruht,
und für Mittelberg, das dem Zollgebiet des Reichs unmittelbar angeschlossen