VI. Zoll= und Handelswesen. Art. 40. 521
beschließt der Bundesrat, während es zu der Einrichtung eines neuen Aus-
schlusses eines Reichsgesetzes bedarf; vgl. Delbrück a. a. O. S. 46 f.
Die Art. 7, 8, 9 betr. die Gesetzgebung über die gemeinschaftlichen
Angelegenheiten, den Zoll-Bundesrat und das Zoll-Parlament sind durch
Art. 5—32 und 35—37 R.V. ersetzt. Die Reichsverfassung stellt im all-
gemeinen eine genaue Nachbildung dieser Bestimmungen dar. Bemerkens-
wert ist, daß zu der dem Art. 11 R.V. entsprechenden Vorschrift des Art. 8
§ 6 das Schlußprotokoll unter Nr. 8 bestimmt, daß Preußen unbeschadet
seiner ausschließlichen Berechtigung im Namen des Vereins Handels= und
Schiffahrtsverträge mit fremden Staaten einzugehen, bei Verträgen mit
OÖsterreich und der Schweiz den angrenzenden Vereinsstaaten eine beratende
Stimme einräumen und sie mit dieser Maßgabe zur Teilnahme an den
dem Abschluß vorangehenden Verhandlungen einladen wird. Obgleich der
Kaiser jetzt staatsrechtlich eine andere Stellung hat, als sie dem König von
Preußen bis z. J. 1867 bei dem Abschluß von Handels- und Schiffahrts-
verträgen für den Zollverein zustand, wird diese Bestimmung in der Praxis
als gültig behandelt und fie ist mit der Reichsverfassung nicht unverträglich;
dies ergibt der Umstand, daß Nr. XI des Schlußprotokolls zum Vertrage
mit Bayern v. 23. Nov. 1870 eine gleichartige Bestimmung für den Ab-
schluß von Post= und Telegraphenverträgen enthält. Die Denkschrift, die dem
Reichstage mit dem ersten Handelsvertrage zwischen Deutschland und Oster-
reich-Ungarn vorgelegt wurde, erwähnte die Mitwirkung von „Vertretern
der nach Nr. 8 des Schlußprotokolls zum Zollvereinsvertrage v. 8. Juli 1867
zur Anteilnahme berechtigten Bundesregierungen“ bei den Verhandlungen
mit Osterreich; vgl. Delbrück a. a. O. S. 49f.
Von Art. 10 ist noch die Bestimmung in Kraft, daß Chausseeabgaben,
Pflaster-, Damm-, Brücken--, Fähr-, Kanal-, Schleusen= und Hafengelder
sowie Wage= und Niederlagegebühren oder gleichartige Erhebungen „wie fie
auch sonst genannt werden mögen,“ ferner „die Zoll- und Steuerstrafen
und Konfiskate, vorbehaltlich der Anteile der Denunzianten jeder Staats-
regierung in ihrem Gebiete verbleiben.“ Im übrigen ist Art. 10, der Be-
stimmungen über die Verwendung der Erträge der Zölle und Steuern enthält,
durch Art. 38 und 54 R.V. (Wasserzölle) ersetzt; vgl. Delbrück S. 52f.
Art. 11, der die den Einzelstaaten für die Erhebung und Verwaltung
der Zölle und Abgaben zu gewährenden Vergütungen betrifft, ist durch
Art. 38 R.V. und die spätere Reichsgesetzgebung außer Kraft gesetzt; vgl.
Delbrück a. a. O. S. 54 ff. Auch Art. 12 über die Verkehrsfähigkeit des
in den Vereinsstaaten eingeführten Geldes ist durch das Reichsmünzgesetz
beseitigt.
Art. 13, Zollvergünstigungen für Gewerbetreibende betreffend, ist formell
als legislative Vorschrift bestehen geblieben, aber ohne praktische Geltung;
vgl. Art. 35 IIb S. 492 f. und Art. 38 B1 S. 511 f., Delbrück S. 60. Das-
selbe gilt von Art. 14, der Bestimmungen über Zollbegünstigungen von
Meßplätzen enthält. Hier können sogar Sonderrechte der Einzelstaaten in
Betracht kommen, weil gewisse Meßbegünstigungen — die Einrichtung von
Meßkonti — nur für die Messen von Frankfurt a. M., Frankfurt a. O.,
Leipzig und Braunschweig zugelassen sind und demzufolge Vorrechte, die durch
Art. 78 Abs. 2 R.V. geschützt sind, für Preußen, Braunschweig und Sachsen
begründen; vagl. Delbrück S. 61ff.