VI. Zoll= und Handelswesen. Art. 40. 523
Diensten stehende Reisende Ankäufe machen oder Bestellungen nur unter
Mitführung von Mustern suchen oder aufgekaufte Waren selbst nach dem
Bestimmungsorte führen, in den anderen Staaten keine weitere Abgabe
hierfür zu entrichten verpflichtet sind; vgl. Schlußprotokoll zu Art. 26.
Art. 27 betr. die Übereinstimmung im Maß= und Gewichtssystem ist
durch die Maß= und Gewichtsordnung ersetzt, desgl. Art 28, betr. die
Gleichberechtigung bei der Benutzung der Seehäfen und des Anspruchs auf
konsularischen Schutz, durch Art. 3, 54, 56 R.V. Art. 29 über die Zeit-
dauer des Vertrages ist durch Art. 40 R.V. gegenstandslos geworden; über
die Bestimmungen, die noch aus den früheren Zollvereinsverträgen in
Geltung geblieben sind, deren Zahl und Bedeutung aber verhältnismäßig
geringfügig ist vgl. Delbrück a. a. O. S. 92—95.
Die Ergebnisse lassen sich unter folgende allgemeinen Sätze gruppieren:
die Bestimmungen des Zollvereinsvertrages v. 8. Juli 1867 nebst Schluß-
protokoll und den in dem Vertrage angeführten früheren Vereinbarungen
find noch in Kraft, soweit nicht die Reichsverfassung die betreffende Materie
— sei es gleichartig oder anders — geregelt hat; für die Geltung spricht
also die Vermutung. Die noch in Geltung befindlichen Bestimmungen
werden in verfassungsrechtliche, legislative und administrative unterschieden
und nach dieser Richtung ist davon auszugehen, daß die Reichsverfassung
abgesehen von den Bestimmungen der Art. 5, 20—32, 69 —73, welche den
konstitutionellen Charakter des Reichs sichern, den Zweck verfolgt, die Kom-
petenz des Reichs von derjenigen der Einzelstaaten abzugrenzen. Demgemäß
sind verfassungsrechtlich diejenigen Bestimmungen des Zollv.-Vertr., durch
welche für die einzelnen Vertragsstaaten bestimmte Rechte im Verhältnis
zum Verein oder umgekehrt festgestellt werden, also die beiderseitige Kom-
petenz bestimmt wird. Sind diese Rechte nicht für alle Vereinsstaaten in
gleicher Weise festgestellt, sondern einzelnen von ihnen besondere Rechte
eingeräumt worden, so bedarf es zu ihrer Aufhebung oder Abänderung der
Zustimmung des berechtigten Staats auf Grund des Art. 78 Abs. 2 R.V.
Soweit sich dagegen die Bestimmungen des Zollvereinsvertrages auf Materien
beziehen, die durch die Reichsverfassung der Regelung im Wege der Reichs-
gesetzgebung überlassen sind: Zölle, Salz, Zucker, Tabak, Bier und Brannt-
wein — ohne auf diesem Gebiete gerade die Kompetenzabgrenzung zwischen
Reich und Einzelstaaten zu betressen — sind sie nur legislativer Natur und
der Abänderung im Wege der einfachen Reichsgesetzgebung unterworfen.
Administrativer Natur sind diejenigen Vorschriften, die wie die im Art.7 Ziff. 2
R.V. genannten Verwaltungsvorschriften nur die Ausführung der reichs-
gesetzlich geregelten Materie betreffen. Bei dem Vertrage v. 8. Juli 1867
find diese Bestimmungen in der Regel in das Schlußprotokoll verwiesen,
während es sich bei den Bestimmungen, die in der Vertragsurkunde selbst
enthalten sind, grundsätzlich nur darum handeln kann, ob sie verfassungsrecht-
licher oder einfach legislativer Natur sind. Dem gleichen Prinzip folgte man
bei der Fassung des Vertrags v. 16. Mai 1865. Dagegen gibt für das
frühere Recht dieses äußere Merkmal keinen Anhaltspunkt, sondern es kann
nur aus der speziellen Prüfung im einzelnen Fall sich ergeben, ob es sich
um eine Bestimmung handelt, die nach den jetzt geltenden staatsrechtlichen
Grundsätzen der Regelung im Wege der Gesetzgebung oder im Wege der
Verordnung bedürfen würde; vgl. Delbrück a. a. O. S. 5 ff.