Full text: Die Verfassung des Deutschen Reichs mit Erläuterungen.

534 VII. Eisenbahnwesen. Art. 43. 
währenden baulichen Zustande erhalten und dieselben mit Betriebsmaterial 
so ausrüsten, wie das Verkehrsbedürfnis es erheischt. 
I. Die für das Reich begründeten Rechte und Pflichten. 
Auf Grund des Art. 43 hat der Bundesrat eine Anzahl reglementarischer 
Bestimmungen erlassen, darunter die mit Strafvorschriften ausgestatteten 
Bahnpolizei-Reglements, an deren Stelle später die Betriebsordnung für die 
Haupteisenbahnen Deutschlands v. 5. Juli 1892 R. G. Bl. S. 691 getreten ist. 
Die Gültigkeit dieser Vorschriften ist in der Praxis unbezweifelt; vgl. die 
Entsch, des Reichs-Oberhandelsgerichts Bd. 21 S. 61, des Reichsgerichts v. 
24. März 1884 (Strfs. Bd. 10 S. 326) und des Kammergerichts v. 
23. Nov. 1899 Bd. 19 S. 353 — in der Literatur bestritten; für die- 
Gültigkeit ist insbesondere Arndt S. 309 und Kommentar S. 263, Zorn II 
S. 304, Löning Verwaltungsrecht S. 623 — dagegen die herrschende 
Meinung, insbesondere Laband III S. 112, v. Seydel S. 274, Eger Hand- 
buch des preußischen Eisenbahnrechts 1886 S. 60 A. 8, Hänel Studien 1I 
S. 73 auf Grund der von der herrschenden Meinung vertretenen Ansicht, 
daß der Bundesrat ohne eine spezielle reichsgesetzliche Ermächtigung nicht 
zum Erlaß von sogen. Rechtsvorschriften, d. h. von Bestimmungen, die Rechte 
und Pflichten für das Publikum begründen, ermächtigt ist. Der ersteren, 
durch eine Jahrzehnte lange Verwaltungspraxis bestätigten Ansicht ist bei- 
zutreten; vgl. die Ausführungen zu Art. 7 Alll S. 216 ff. Daß das Reich 
und nicht die Einzelstaaten zum Erlaß dieser Vorschriften kompetent ist, 
geht zwar aus dem Wortlaut des Art. 43 Satz 1 nicht ohne weiteres hervor, 
weil im Hinblick auf das Wort „demgemäß“ das Subjekt des Art. 42 auch 
für den 1. Satz des Art. 43 zu ergänzen ist. Aber eine vertragsmäßige 
Verpflichtung der Bundesstaaten, auf die der Wortlaut, für sich allein 
betrachtet, vielleicht hinweisen könnte, ist durch den allgemeinen Charakter der 
Reichsverfassung ausgeschlossen, abgesehen davon, daß im zweiten Satz dem 
Reich Befugnisse und Pflichten, die auf demselben Gebiet liegen, ausdrücklich 
übertragen find und es durchaus unwahrscheinlich ist, daß beabsichtigt war, 
die Erfüllung der aus dem ersten Satz für die Bundesstaaten sich ergebenden 
Verpflichtungen unter andere staatsrechtliche Normen zu stellen und bezüglich 
der Kompetenz des Reichs anders zu behandeln als die im ersten Satz aus- 
gesprochene Verpflichtung; der bauliche Zustand der Bahnen und namentlich 
ihre Ausrüstung mit Betriebsmaterial bildet einen Bestandteil der Betriebs- 
einrichtungen und der Bundesrat hat seine Verordnungen (Bau= und Be- 
triebsordnung, Signalordnung usw.) stets auf die Art. 42, 43 in ihrer 
Gesamtheit gestützt, ohne einen Unterschied für die Kompetenz des Reichs in 
Ansehung des ersten und zweiten Satzes anzuerkennen. In der Fassung 
der Art. 42, 43 ist nur eine stilistische Ungenauigkeit zu finden; der Sinn ist 
dahin zu verstehen, daß die Bundesregierungen verpflichtet sind, und diese 
Verpflichtung ist wie alle anderen den Bundesregierungen durch die Reichs- 
verfassung auferlegten Pflichten dem Reiche gegenüber begründet; das Reich 
hat also die Erfüllung der Pflicht zu fordern; vgl. Art. 42 S. 530f. Auch 
der Umstand, daß Art. 43 durch die Fassung „gleiche Bahnpolizei-Reglements“ 
auf eine Mehrheit von Reglements hinweist, ist nur als eine stilistische Un- 
genauigkeit anzusehen. Mindestens kann man annehmen, daß die Ver- 
pflichtung „gleiche Bahnpolizei-Reglements und übereinstimmende Betriebs-
	        
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