542 VII. Eisenbahnwesen. Art. 46.
gangsworte der Ziff. 2 hervorgeht, wenngleich die Ermäßigung der Güter-
tarife vorzugsweist in Aussicht genommen war; dies hat der Präsident des
Reichs - Eisenbahnamts in der Reichstagssitzung v. 24. Febr. 1897 anerkannt.
Für Württemberg wurde die Gültigkeit der Bestimmung über das
Tarifwesen von Anfang an eingeschränkt. In dem Vertrage mit Wäürttem-
berg v. 25. Nov. 1870 B. G. Bl. S. 657 ist unter Ziff. 2 bemerkt:
„Zu Art. 45 der Verfassung wurde anerkannt, daß auf den württem-
bergischen Eisenbahnen bei ihren Bau--, Betriebs= und Verkehrsverhältnissen
nicht alle in diesem Artikel aufgeführten Transportgegenstände in allen
Gattungen von Verkehren zum Einpfennig-Satz befördert werden können.“
J. J.1876 einigten sich die Bundesstaaten über eine Reihe von Grund-
sätzen, die sie auf ihren eigenen Bahnen und unter Anwendung der ihnen
durch die Landesgesetze und Konzessionsurkunden verliehenen Machtbefugnisse
auch auf den in ihrem Gebiet gelegenen, von Privatunternehmern betriebenen
öffentlichen Bahnen für die Regelung des Tarifwesens einführen wollten,
und der Bundesrat hat in seiner Sitzung v. 13. Dez. 1876 beschlossen, daß
vom Standpunkt des Reichs gegen die Einführung dieses Tarifschemas mit
gewissen vom Bundesrat bezeichneten, auf Gleichmäßigkeit und Herabsetzung
der Tarife abzielenden Einschränkungen nichts zu erinnern sei; vgl. Laband II
S. 125 und v. Rönne II 1 S. 322 A. 5; über die auf Schaffung eines ein-
heitlichen deutschen Güterfrachttarifsystems gerichtete, nicht geglückte Aktion
des Fürsten Bismarck v. J. 1879 vgl. v. Jagemann S. 167.
Artikel 46.
Bei eintretenden Notständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Teuerung
der Lebensmittel sind die Eisenbahnverwaltungen verpflichtet, für den Trans-
port, namentlich von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten und Kartoffeln, zeit-
weise einen dem Bedürfnis entsprechenden, von dem Kaiser auf Vorschlag
des betreffenden Bundesrats-Ausschusses festzustellenden, niedrigen Spezial-
tarif einzuführen, welcher jedoch nicht unter den niedrigsten auf der be-
treffenden Bahn für Rohprodukte geltenden Satz herabgehen darf.
Die vorstehend, sowie die in den Artikeln 42 bis 45 getroffenen Be-
stimmungen sind auf Bayern nicht anwendbar.
Dem Reiche steht jedoch auch Bayern gegenüber das Recht zu, im
Wege der Gesetzgebung einheitliche Normen für die Konstruktion und Aus-
rüstung der für die Landesverteidigung wichtigen Eisenbahnen aufzustellen.
I. Notstandstarif.
über die Frage, ob ein Notstand vorhanden ist, ob gegebenenfalls ein
Notstandstarif eingeführt und wie hoch er festgesetzt werden soll, entscheidet
nur die Reichsverwaltung im Einvernehmen mit dem Bundesratsausschuß
für Eisenbahnen, Post und Telegraphen. Da der Ausschuß nach der Ver-
fassung nur ein Vorschlagsrecht hat, ist die Reichsverwaltung nicht ver-
pflichtet, den Vorschlag anzunehmen, aber ohne Vorschlag kann die An-
ordnung nicht ergehen. Für die Höhe des Tarifs ist als Minimum der
niedrigste auf der betreffenden Bahn für Rohprodukte geltende Satz bestimmt-