556 VIII. Post- und Telegraphenwesen. Art. 52.
verkehr anderer deutscher Postgebiete mit dem betreffenden Auslande zur
Anwendung gelangen.
Die Annahme der in den Verträgen mit dem Auslande vereinbarten
Bestimmungen soll für alle Teilnehmer des gegenwärtigen Vertrages
obligatorisch sein, sobald bei den Festsetzungen über den Portobezug nicht
unter das interne deutsche Porto heruntergegangen ist. Hat in besonderen
Fällen ein niedrigeres Porto vereinbart werden müssen, so bleibt die
Teilnahme an den Bestimmungen des bezüglichen Vertrages dem Ermessen
der einzelnen Postverwaltungen anheimgestellt.“
Für die vertragsmäßigen Beziehungen zwischen der Reichs-Postverwaltung
und den Süddeutschen Postverwaltungen ist ebenfalls das Abkommen v. 23.Nov.
1867 B.G. Bl. 1868 S. 41ff., ergänzt durch die Ubereinkunft v. 9. Nov. 1872
(Hirth's Annalen 1873 S. 1257) und der Telegraphenvereinsvertrag v. 25.Okt.
1868, abgeändert seit d. 1. Jan. 1872, maßgebend; vgl. Laband III S. 47.
Durch das i. J. 1901 zwischen der Reichs-Postverwaltung und der
Postverwaltung von Württemberg geschlossene Abkommen, das die Aufhebung
der württembergischen Freimarke und eine auf Pauschalentschädigung be-
ruhende Neuregelung des beiderseitigen Abrechnungsverkehrs betraf, ist das
Reservat Württembergs nicht berührt worden; vgl. die Reichstagsverhand-
lungen v. 13. März 1902 St. B. 4778 C. Allerdings bildet die unein-
geschränkte Freiheit in den Tarifangelegenheiten des inneren Verkehrs, zu
denen auch die eigene Postmarke zu rechnen ist, nach Art. 52 ein Sonder-
recht Württembergs, defsen verfassungsmäßige Aufhebung nur auf dem
durch Art. 78 Abs. 2 vorgeschriebenen Wege möglich wäre. Aber darum
hat es sich damals nicht gehandelt. Für die Reichs-Postverwaltung lag
nichts anderes vor als der Abschluß eines Vertrages, der die Portover-
rechnung mit einer fremden Postverwaltung betraf. Zu einem solchen Ab-
kommen, mag es Württemberg, Bayern oder das Ausland betreffen, ist
die Reichsverwaltung auf Grund des Art. 48 Abs. 2 allein befugt, un-
beschadet des Budgetrechts des Reichstags, wenn dieses in Mitleidenschaft
gezogen werden sollte. Die Reichsverwaltung hätte die Frage nicht auf
Grund des Art. 48 Abs. 2 durch ein auch für Württemberg gültiges Regle-
ment einseitig regeln dürfen, weil dann das Sonderrecht Württembergs ent-
gegengestanden hätte. Im Wege des Vertrages aber genügte es für die
Reichsverwaltung, daß Württemberg bereit war die gestellten Bedingungen
anzunehmen und ein Abkommen abzuschließen, das unbeschadet seiner Gültig-
keit den Art. 52 unberührt läßt. Ob die Regierung von Württemberg
ihrerseits das Abkommen schließen durfte ohne die Zustimmung ihres
Parlaments einzuholen, ist eine andere Frage, deren Lösung eine innere
Angelegenheit Württembergs ist. Bei dieser Gelegenheit ist im Reichstag
ferner in Zweifel gezogen worden, ob das Abkommen im Hinblick auf die
festgesetzte Pauschalberechnung im Einklang mit Abs. 4 des Art. 52 stehe.
Auch dieses Bedenken ist unbegründet. Art. 52 Abs. 4 betrifft nur die
Rein-Einnahme und nicht die Roh-Einnahme. Die Reichsverfassung ver-
bietet nicht, daß auf Grund eines Abrechnungsverkehrs mit anderen Post-
verwaltungen an diese von der Reichskasse Beträge herausgezahlt werden;
dies find Ausgaben wie andere auch. Unzulässig ist nur, daß Bayern und
Württemberg an der Rein-Einnahme teilnehmen. Die Rein-Einnahme
ergibt sich aber erst, nachdem die Pauschvergütung in Ausgabe gestellt ist.