IX. Marine und Schiffahrt. Art. 53. 557
IX. Marine und SBchiffahrt.
Artikel 53.
Die Kriegsmarine des Reichs ist eine einheitliche unter dem Ober-
befehl des Kaisers. Die Organisation und Zusammensetzung derselben
liegt dem Kaiser ob, welcher die Offiziere und Beamten der Marine er-
nennt, und für welchen dieselben nebst den Mannschaften eidlich in Pflicht
zu nehmen sind.
Der Kieler Hafen und der Jadehafen sind Reichskriegshäfen.
Der zur Gründung und Erhaltung der Kriegsflotte und der damit
zusammenhängenden Anstalten erforderliche Aufwand wird aus der Reichs-
kasse bestritten.
Die gesamte seemännische Bevölkerung des Reichs, einschließlich des
Maschinenpersonals und der Schiffshandwerker, ist vom Dienste im Land-
heere befreit, dagegen zum Dienste in der Kaiserlichen Marine ver-
pflichtet.
I. Die Kriegsmarine ist einheitlich und steht unter dem Oberbefehl des Kaisers.
II. Die staatsrechtliche Organisation der Marine.
III. Reichskriegshäfen.
IV. Der Marinedienst.
I. Die Kriegsmarine ist einheitlich und steht unter dem Oberbefehl
des Kaisers.
Während die staatsrechtliche Stellung des Landheers unter zwei ver-
schiedenen Gesichtspunkten zu beurteilen ist, nach dem Verhältnis zu dem
Landesherrn und Kontingentsherrn einerseits und dem Verhältnis zum Kaiser
andererseits, unter dessen Befehl im Krieg und Frieden die Armee steht, ist die
Flotte nur eine Reichsinstitution. Der Grund hierfür dürfte nicht oder nicht
allein darin liegen, daß fast die ganze deutsche Seeküste preußisch ist. Dieser
Umstand hätte eher die Entwicklung der Marine als einer rein preußischen
Einrichtung befördern müssen, sondern die Ursache ist vorzugsweise darin
zu finden, daß die Flotte erst unter der Herrschaft des Reichs zu einer
wesentlichen Entwicklung gekommen ist und daß deshalb bei der Gründung
des Reichs nicht die historischen Traditionen vorlagen, die für die Ein-
richtung der staatsrechtlichen Stellung des Landheers maßgebend waren.
Bei dem Landheer handelte es sich darum einerseits den Anforderungen zu
genügen, welche die Schlagfertigkeit der Armee, die Sicherung des Reichs
gegen äußere Feinde an die Einheitlichkeit der Leitung stellten und welche zu
einer weitgehenden Zentralisation des obersten Kommandos drängten, anderer-
seits der staatlichen Selbständigkeit der Bundesstaaten, ihrer historischen,
im alten Deutschen Reich und im Deutschen Bunde begründeten Stellung
Rechnung zu tragen und von ihnen für die Aufgebung von Staatshoheits-
rechten nicht mehr Opfer zu verlangen, als unter militär-technischen Gesichts-
punkten unbedingt notwendig waren. Diese Erwägungen spielten für die
Marine keine oder doch nur eine geringe Rolle. Als der Norddeutsche