574 XI. Reichskriegswesen. Art. 58.
Macht zu verstehen ist. Es braucht nicht notwendig gerade Waffendienst
zu sein. Die bewaffnete Macht, die sich aus dem Heer, der Flotte und
dem Landsturm zusammensetzt, besteht aus den Wehrpflichtigen nicht allein,
sondern auch aus Personen, die aus dem Militärdienst einen Beruf machen,
also freiwillig und über ihre Wehrpflicht hinaus der bewaffneten Macht
angehören. Dies find alle Militärpersonen, denen die Führung und Aus-
bildung derjenigen obliegt, die nur zur Erfüllung ihrer Wehrpflicht dienen,
d. h. Offiziere und Kapitulanten; dazu kommen noch die Militärbeamten,
welche die Verwaltungsgeschäfte der Armee zu besorgen haben. Das Ver-
hältnis dieser Personen zum Reiche ist dem der Beamten des Zivildienstes
grundsätzlich gleichzustellen. Von der Wehrpflicht ist die Militärpflicht zu
unterscheiden. Die Militärpflicht ist eine vorübergehende Periode der Wehr-
pflicht. Der Begriff der Militärpflicht beruht auf 8 10 des Reichs-Militär-
gesetzes und ist dahin festgestellt, daß alle Wehrpflichtigen, wenn fie nicht
freiwillig in den Heeresdienst eintreten — d. h. freiwillig zur Erfüllung
der Wehrpflicht, nicht freilich wie die Berufssoldaten — v. 1. Jan. des
Kalenderjahres an, in welchem sie das 20. Lebensjahr vollenden, der Aus-
hebung unterworfen, d. h. also militärpflichtig find. Sie haben sich zu
diesem Zwecke vor den Ersatzbehörden zu gestellen, bis über ihre Dienst-
verpflichtung nach den Bestimmungen des Reichs-Militärgesetzes endgültig
entschieden ist, jedoch höchstens zweimal jährlich. Mit der endgültigen Ent-
scheidung über die Dienstverpflichtung endet also die Militärpflicht. Die
Wehrpflicht dagegen beginnt mit dem vollendeten 17. und endet mit dem
vollendeten 45. Lebensjahre nach dem Ges. v. 11. Febr. 1888 betr. An-
derungen der Wehrpflicht R.G. Bl. S. 11 Art. II 88 24, 35.
Artikel 58.
Die Kosten und Lasten des gesamten Kriegswesens des Reichs sind
von allen Bundesstaaten und ihren Angehörigen gleichmäßig zu tragen,
so daß weder Bevorzugungen, noch Prägravationen einzelner Staaten oder
Klassen grundsätzlich zulässig sind. Wo die gleiche Verteilung der Lasten
sich in natura nicht herstellen läßt, ohne die öffentliche Wohlfahrt zu
schädigen, ist die Ausgleichung nach den Grundsätzen der Gerechtigkeit im
Wege der Gesetzgebung festzustellen.
Art. 58 bestimmt die gleichmäßige Verteilung aller Militärlasten auf
die Einzelstaaten. Die Militärlasten kann man in drei Kategorien ein-
teilen: Die Wehrpflicht, die Naturalleistungen für die bewaffnete Macht im
Kriege und im Frieden (z. B. Ouartierleistung nebst Naturalverpflegung der
Truppen, Vorspanndienste und Gewährung sonstiger Transportmittel, loer-
lassung von Grundstücken zu Truppenübungen und für den Kriegsbedarf
und dergl.) und endlich die Deckung der Kosten der Militärverwaltung.
Die ersteren beiden Kategorien von Lasten: Wehrpflicht und Natural-
leistungen — werden von den Militärverwaltungen auf Grund der geltenden
Militärgesetzgebung unmittelbar auf die Angehörigen und die lokalen Kom-
munalverbände der Bundesstaaten (Gemeinden) verteilt, die dritte Kategorie,
die Kosten der Militärverwaltung, sind als Reichseinnahmen von den Einzel-