II. Reichsgesetzgebung. Art. 2. 51
Ermächtigung beruhen, nehmen nur zum Teil auf diese Ermächtigung aus-
drücklich Bezug. Das Reichsgericht (3. Strff. Urt. v. 26. Mai 1902 Bd. 35
S. 262) hat den Standpunkt eingenommen, der auch hier vertreten wird,
daß die Beobachtung der formalen Vorschriften, die für das gültige Zu-
standekommen der Verordnungen bestehen, mangels einer dies ausdrücklich
fordernden Gesetzesbestimmung in der Verkündigungsformel nicht zum Aus-
druck gebracht werden muß; in der genannten Entscheidung ist allerdings
vorausgesetzt, daß das der Verordnung zugrunde liegende Gesetz in der
Publikationsformel angeführt ist.
3. Das Reichsgesetzblatt.
a) Titel und Inhalt des Blatts. Die Form des Abdrucks.
Das für die Verkündigungen der Reichsgesetze bestimmte Reichsgesetzblatt
ist eine Fortsetzung des durch Präfidialverordnung v. 26. Juli 1867 begrün-
deten Bundesgesetzblattes des Norddeutschen Bundes, das von Nr. 4 des
Jahrgangs 1871 an „Bundesgesetzblatt des Deutschen Bundes“, von Nr. 19
an „Reichsgesetzblatt“ hieß.
Mit Bezug auf den Inhalt des Reichsgesetzblatts bestimmt die noch
maßgebende Verordnung v. 26. Juli 1867 B. G. Bl. S. 24, daß das Blatt
in Berlin erscheinen soll, daß in dem Blatt sämtliche Reichsgesetze (Art. 2 R.V.)
und Anordnungen und Verfügungen des Bundespräsidiums (Art. 17 R.V.)
zu verkündigen find, daß auf jedem Blatte der Tag anzugeben ist, an dem
es in Berlin ausgegeben wird und daß im Büreau des Bundeskanzlers
das Blatt ausgegeben werden soll.
Die Reichsgesetze müssen bezüglich ihres materiellen Teils in vollem
Umfange abgedruckt sein. Wird ein älteres Gesetz durch eine Novelle ergänzt,
so erhält in vielen Fällen der Reichskanzler die gesetzliche Ermächtigung,
den unter Berückfichtigung der Novelle sich ergebenden Gesetzestext bekannt
zu machen, — natürlich nur zu dem Zweck, dem Leser einen leichteren Über-
blick über den Gesetzestext zu gewähren, als ihn der sonst erforderliche Ver-
gleich des ursprünglichen Textes mit der Novelle bietet. In solchen Fällen
muß und wird stets neben der Bekanntmachung der Text der Novelle in
der durch Art. 2 vorgeschriebenen Weise verkündigt, und nur in dieser Ver-
kündigung liegt das dem Art. 2 entsprechende, die Untertanen verpflichtende
Moment. Der Reichskanzler ist dafür verantwortlich, daß auch der in voll-
ständiger Form „bekanntgemachte“ neue Text mit dem ursprünglichen Text,
soweit er erhalten geblieben ist, und der Novelle übereinstimmt; ebenso
Laband II S. 51.
b) Die Berantwortung für die Richtigkeit des Reichsgesetzblatts.
Nach Art. 17 R.V. steht es dem Kaiser zu. die Verkündigung der
Reichsgesetze anzuordnen. Diesen kaiserlichen Befehl hat nach Art. 17 der
Reichskanzler gegenzuzeichnen, und dadurch wird die Verantwortung von
ihm übernommen. Die Verantwortung erstreckt sich darauf, daß die Aus-
fertigung der Gesetzesurkunde, die nach Art. 17 der Verkündigung zugrunde
liegt, genau dasjenige wiedergibt, was aus den Verhandlungen des Bundes-
rats und Reichstages als der übereinstimmende Wille der beiden Körper-
schaften hervorgegangen ist, und ebenso ist der Reichskanzler für die Über-
einstimmung zwischen dem Text der Ausfertigung und dem Text des
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