XI. Reichskriegswesen. Art. 61. 593
Macht im Kriege und im Frieden vgl. Art. 58 S. 575; von den Gesetzen
über die Beschränkung des Grundeigentums in der Umgebung von Festungen
vgl. das grundlegende Ges. v. 21. Dez. 1871 R.G.Bl. S. 459 und über das
Militärstrafrecht namentlich das Militär-Strafgesetzbuch für das Deutsche
Reich v. 20. Juni 1872 R. G. Bl. S. 174 und die Militär-Strafgerichts-
ordnung v. 1. Dez. 1898 R.G. Bl. S. 1189.
VI. Bayern und Württemberg.
Für Bayern bestimmt der Bündnisvertrag v. 23. Nov. 1870 B. G. Bl.
1871 S. 9 II Söl:
Art. 61 findet auf Bayern keine Anwendung.
„Bayern behält zunächst seine Militärgesetzgebung nebst den dazu ge-
hörigen Vollzugs-Instruktionen, Verordnungen, Erläuterungen usw. bis
zur verfassungsmäßigen Beschlußfassung über die der Bundesgesetzgebung
anheimfallenden Materien, resp. bis zur freien Verständigung bezüglich
der Einführung der bereits vor dem Eintritte Bayerns in den Bund
in dieser Hinficht erlassenen Gesetze und sonstigen Bestimmungen."“
Danach gilt die vom Reich erlassene Gesetzgebung nebst Ausführungs-
bestimmungen grundsätzlich für Bayern, jedoch nur unbeschadet der für Bayern
vertragsmäßig begründeten Sonderrechte, von denen hier namentlich die eigene
Armeeverwaltung Bayerns und der dem König von Bayern in Friedenszeiten
zustehende Oberbefehl in Betracht kommt. Die vor der Gründung des
Reichs, also die für den Norddeutschen Bund und die aus Preußen über-
nommenen Bestimmungen können in Bayern nur mit dessen Zustimmung
eingeführt werden.
Ferner bestimmt für Bayern Ziff. XIV § 4 des Schlußprotokolls B.G. Bl.
1871 S. 26:1:
„Diejenigen Gegenstände des Bayerischen Kriegswesens, betreffs welcher
der Bundesvertrag vom heutigen oder das vorliegende Protokoll nicht
ausdrückliche Bestimmungen enthalten — sohin insbesondere die Bezeich-
nung der Regimenter usw., die Uniformierung, Garnisonierung, das
Personal= und Bildungswesen usw. werden durch dieselbe („die Bundes-
gesetzgebung“ kann nur gemeint sein) nicht berührt.“
Die Ausführungen, die der Präsident Delbrück zur Erklärung der Be-
stimmung des Bündnisvertrages Ziff. III § 5 in der Reichstagssitzung v.
8. Dez. 1870 St. B. 146 machte, find mit dem Wortlaut dieser Bestimmung
nicht in Einklang zu bringen; vgl. v. Seydel S. 334.
Für Württemberg fand Art. 61 R.V. mit folgender im Art. 10 der
Militärkonvention v. 21./25. Nov. 1870 B. G.Bl. S. 658 bestimmten Be-
schränkung Anwendung:
„Ausgenommen sind von der Gemeinsamkeit in den Einrichtungen des
Kgl. Württembergischen Armeekorps mit denjenigen der Kgl. Preußischen
Armee: die Militär-Kirchenordnung, das Militär-Strafgesetzbuch und die
Militär-Strafgerichtsordnung sowie die Bestimmungen über Einquartierung
und Ersatz von Flurbeschädigungen, worüber in dem Königreiche Württem-
berg die derzeit bestehenden Gesetze und Einrichtungen vorerst und bis
zur Regelung im Wege der Bundesgesetzgebung in Geltung verbleiben.
Die Gradabzeichen, sowie die Benennung und der Modus der Ver-
waltung sind in dem Kgl. Württembergischen Armeekorps dieselben wie
Dambttsch, Deutsche Reichsverfasung. 38