Full text: Die Verfassung des Deutschen Reichs mit Erläuterungen.

594 XI. Reichstriegswesen. Art. 62. 
in der Kgl. Preußischen Armee. Die Bestimmungen über die Bekleidung 
für das Kgl. Württembergische Armeekorps werden von S. M. dem Könige 
von Württemberg gegeben und es soll dabei den Verhältnissen der Bundes- 
armee die möglichste Rechnung getragen werden.“ 
Für das Militär-Strafrecht, die Vorschriften über Einquartierung und 
Flurbeschädigung find diese Ubergangsbestimmungen dadurch erledigt, daß für 
die genannten Materien Reichsgesetze erlassen und in Württemberg in Kraft 
getreten sind. 
Artikel 62. 
Zur Bestreitung des Aufwandes für das gesamte Deutsche Heer und 
die zu demselben gehörigen Einrichtungen sind bis zum 31. Dezember 1871 
dem Kaiser jährlich sovielmal 225 Taler, in Worten zweihundert fünf und 
zwanzig Taler, als die Kopfzahl der Friedensstärke des Heeres nach Artikel 60 
beträgt, zur Verfügung zu stellen. Vergl. Abschnitt XII. 
Nach dem 31. Dezember 1871 müssen diese Beiträge von den einzelnen 
Staaten des Bundes zur Reichskasse fortgezahlt werden. Zur Berechnung 
derselben wird die im Artikel 60 interimistisch festgestellte Friedens-Präsenz- 
stärke so lange festgehalten, bis sie durch ein Reichsgesetz abgeändert ist. 
Die Verausgabung dieser Summe für das gesamte Reichsheer und 
dessen Einrichtungen wird durch das Etatsgesetz festgestellt. 
Bei der Feststellung des Militär-Ausgabe-Etats wird die auf Grund- 
lage dieser Verfassung gesetzlich feststehende Organisation des Reichsheeres 
zugrunde gelegt. 
Die Bestimmung des Art. 62 steht im Zusammenhang damit, daß die 
Reichsverfassung für die Bildung des Etats zwischen der Ausgaben= und Ein- 
nahmenveranschlagung unterscheidet. Die für die Militärverwaltung erforder- 
lichen Ausgaben werden ebenso wie die Ausgaben aller Civilverwaltungen des 
Reichs durch das Etatsgesetz alljährlich festgesetzt. Dies ergibt sich aus der 
allgemeinen Regel des Art. 69; im Art. 62 Abs. 3 ist überdies darauf hin- 
gewiesen, daß die Regel für die Militärverwaltung keine Ausnahme erleidet, 
und dasselbe ist wiederholt in dem Ges. betr. die Feststellung der Friedens- 
präsenzstärke v. 15. April 1905 R.G.Bl. S. 247 Art. 1 § 3; dabei besteht 
freilich die durch Art. 62 Abs. 4 hervorgehobene, bei Art. 60 II S. 584 ff. näher 
ausgeführte Einschränkung des Ausgabenbewilligungsrechts auf diejenigen 
Punkte, die nicht gesetzlich festgelegt find oder sich nicht mit Notwendigkeit 
aus gesetzlich festgelegten Einrichtungen ergeben. Mit diesen Einschränkungen 
aber, insbesondere für alle Mehraufwendungen besitzt jetzt der Reichstag das 
Ausgabenbewilligungsrecht, während für die im Art. 62 bestimmte üÜber- 
gangszeit bis zum 31. Dez. 1871, die durch Ges. v. 9. Dez. 1871 R.G. Bl. 
S. 411 noch bis Ende 1874 erstreckt wurde, dem Bundesrat und Reichstag 
ein Ausgabenbewilligungsrecht für den Militäretat überhaupt nicht zustand, 
sondern es wurden beiden gesetzgebenden Faktoren gemäß Art. 71 Abs. 2 
R.V. der nach Titeln geordnete Etat über die Ausgaben für das Heer nur 
zur Kenntnisnahme und zur Erinnerung vorgelegt. Was dagegen die Be- 
willigung der Einnahmen betrifft, ist durch die Festsetzung einer von den
	        
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