Full text: Die Verfassung des Deutschen Reichs mit Erläuterungen.

614 XI. Neichskriegswesen. Art. 67. 
Die Bestimmung des Art. 67 knüpft an die Tatsache an, daß die 
Verwaltung des Militärwesens Sache der Einzelstaaten ist, allerdings nur 
derjenigen, die noch ein selbständiges Kontingent haben, und die Bestimmung 
ist geeignet zu verhindern, daß diese Staaten unter fiskalischen Gesichts- 
punkten ein Interesse haben könnten, Ersparnisse am Militäretat zu erzielen. 
übrigens ist es logisch, daß das Reich, auf dessen Kosten die Ausgaben 
bestritten werden, etwaige Ersparnisse vereinnahmt. 
Für Bayern gilt Art. 67 nicht. Durch den Bündnisvertrag ist Bayern 
verpflichtet, seinen Militäretat, für den vom Reich die Gesamtsumme an 
Bayern überwiesen wird, nach den Grundsätzen aufzustellen, die der Reichs- 
etat befolgt, und durch die auf Grund des Bündnisvertrages dem Kaiser 
eingeräumten Aufsichtsbefugnisse ist eine Garantie dafür geschaffen, daß die 
Verwaltung den Voranschlägen entspricht und auch nach der finanziellen 
Seite unter denselben Gesichtspunkten gehandhabt wird wie die Verwaltung 
der anderen Kontingente, wenngleich die bestimmungsgemäße Verwendung 
der bayrischen Militärausgaben nicht wie für die anderen Kontingente der 
Kontrolle durch den Rechnungshof des Deutschen Reichs unterliegt. Es ist 
deshalb ausgeschlossen, daß Bayern ohne möglichen Widerspruch des Reichs 
auf Kosten der Kriegstüchtigkeit seines Kontingents Ersparnisse am Etat 
machen kann, und es ist anzunehmen, daß es nur dieselben Ersparnisse er- 
zielen wird, die im Reiche auch gemacht werden, oder die Ersparnisse 
beruhen darauf, daß es gewisse Bedürfnisse der Armeeverwaltung unter 
besonders günstigen wirtschaftlichen Bedingungen befriedigen kann. In dem 
einen wie im anderen Falle ist es gerechtfertigt, daß Bayern die erzielten 
Ersparnisse behält, da es die Militärverwaltung mit der ihm vom Reich 
überwiesenen Quote in eigener Regie führt. Wenn man dies nicht anerkennen 
wollte, so folgt es doch aus dem geltenden Recht, weil Art. 67 für Bayern 
nicht anwendbar ist und weil der Bündnisvertrag andere als Ersatz in 
Betracht kommende Bestimmungen als die schon angeführten über die Auf- 
stellung des Etats, die Einrichtung der Verwaltung und das Aufsichtsrecht 
des Kaisers nicht enthält. Dazu kommt, daß in der württembergischen 
Konvention v. 21./25. Nov. 1870 B.G. Bl. S. 658 Art. 12 vorletzter Satz 
ausdrücklich bestimmt ist, daß „Ersparnisse, die unter voller Erfüllung der 
Reichspflichten als Ergebnisse der obwaltenden besonderen Verhältnisse mög- 
lich werden, zur Verfügung Württembergs bleiben". Auch für Württemberg 
gilt nämlich Art. 67 nicht. Württemberg steht aber nach der Militärkonvention 
in Ansehung der finanziellen Regelung des Militärwesens dem Reiche nicht 
selbständiger gegenüber als Preußen und Sachsen. Hier würde deshalb 
ohne die angeführte Bestimmung der Konvention die analoge Anwendung 
des Art. 67 R.V. geboten gewesen sein und daher lag genügender Grund 
vor, eine Bestimmung des Inhalts, wie sie Art. 12 gibt, in die Konvention 
aufzunehmen. Für Bayern bestand dieser Grund nicht, weil bei der anders 
gearteten finanziellen Stellung des bayrischen Militärwesens zur analogen 
Anwendung des Art. 67 keine Veranlassung gegeben ist. Deshalb geht 
kein argumentum e contrario daraus hervor, daß nur der Vertrag mit 
Württemberg eine entsprechende Bestimmung enthält; andererseits wird 
dadurch, daß Württemberg dieses Recht besitzt, dem Einwand, daß in der 
überlaffung der Ersparnifse an Bayern eine nach Art. 58 unzulässige Bevor- 
zugung dieses Staates liege, die Spitze abgebrochen. Das Sonderrecht
	        
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