624 XII. Reichsfinanzen. Art. 69.
eine nicht gemeinsame Angelegenheit betrifft, durch die aus jeder Etatspofition
sich ergebende Beeinflussung des Schlußergebnifses die Interessen sämtlicher
Bundesstaaten berührt; ebenso Laband IV S. 484, v. Rönne II 1 S. 145,
Meyer 8209 A4, anders Arndt S. 415.
d) Gemäß Art. 2 R.V. wird das Etatsgesetz wie andere Gesetze aus-
gefertigt und verkündet. Jedoch wird der dem Etatsgesetz als Anlage bei-
gefügte Etat nur abgekürzt veröffentlicht und zwar nach feststehenden Grund-
sätzen; es werden die einzelnen Kapitel, aber nicht die einzelnen Titel, oder
letztere je nach ihrer wirtschaftlichen Bedeutung nur zum Teil verkündet,
während im Reichstag auch über die einzelnen Titel abgestimmt wird und
Rechnungslegung und Entlastung sich auf die einzelnen Titel bezieht. Mit
Rücksicht auf die Eigenart dieser Anlage des Etatsgesetzes, die von Bedeutung
nur für das interne Verhältnis zwischen der Reichsverwaltung, dem Bundes-
rat und dem Reichstag ist, werden sachliche Bedenken gegen diese ständige
Praxis nicht zu erheben sein.
e) Die Ausführung des Etatsgesetzes liegt wie die der anderen Gesetze
dem Reichskanzler nach Art. 17 ob, und er ist für die richtige Ausführung
verantwortlich, soweit nicht wegen der besonderen Beteiligung der Einzel-
staaten an der Verwaltung des Militärwesens die Verantwortlichkeit der
Kriegsminister der Kontingentsstaaten an die Stelle seiner Verantwortung,
tritt; vgl. Art. 17 lVed S. 349 ff. und Art. 63 III S. 603.
III. Die formelle Disposition des Etats.
Für die formelle Ordnung des Etats gebietet und verbietet die Reichs-
verfassung nichts. Durch die Praxis haben sich folgende Grundsätze heraus-
gebildet, die natürlich keine Gesetzeskraft haben und deshalb durch die Reichs-
verwaltung einseitig jederzeit abgeändert werden können:
Das Etatsgesetz enthält die Feststellung der Gesamtsumme, mit welcher
die Einnahmen und Ausgaben balanzieren, und ihre Unterabteilung in den
ordentlichen und außerordentlichen Etat; ersterer zerfällt wiederum, soweit
er die Ausgaben betrifft, in fortdauernde und einmalige Ausgaben. Außer-
dem enthält das Etatsgesetz regelmäßig Vorschriften, die sich auf die Finanz-=
wirtschaft des Reichs für das laufende Etatsjahr beziehen, z. B. die Auf-
nahme von Anleihen, die Ausgabe von Schatzanweisungen, die Einziehung
von Matrikularbeiträgen.
Dem Etatsgesetz ist als Anlage der Etat in summarischer Form bei-
gefügt. Hierbei sind die Ausgaben nach ihrem Verwendungszweck gruppiert
und danach wird zwischen sortdauernden und einmaligen Ausgaben des
ordentlichen und Ausgaben des außerordentlichen Etats, also zwischen drei
Gruppen unterschieden. Die Unterscheidung des ordentlichen Etats in fort-
dauernde und einmalige Ausgaben hat nur den Zweck, durch diese auf
wirtschaftlichen Gesichtspunkten beruhende Gruppierung die Ubersicht des
Etats zu erleichtern und ist ohne staatsrechtliche Bedeutung. Dagegen be-
ruht die Unterscheidung zwischen dem ordentlichen und außerordentlichen
Etat auf Art. 73 R.V. und weist darauf hin, daß die Ausgaben des
außerordentlichen Etats, die im Sinne des Art. 73 Fälle eines außer-
ordentlichen Bedürfnisses darstellen, durch eine Anleihe gedeckt werden können,
also — soweit die eigenen Einnahmen des Reichs nicht genügen — nicht
durch Matrikularbeiträge gedeckt werden müssen. Ferner ist die Unter-