626 XII. Reichsfinanzen. Art. 69.
Besondere Etats werden aufgestellt für die Schutzgebiete und für die
Reichsbank. In Ansehung der Reichsbank gilt dies nur für den Be-
soldungsetat des Reichsbank-Direktoriums; der Etat für alle anderen Be-
amten und das sonstige Personal der Reichsbank wird gemäß § 28 des
Reichsbankgesetzes v. 14. März 1875 R. B. Bl. 185 vom Kaiser im Ein-
vernehmen mit dem Bundesrat aufgestellt. Die Ausgaben werden sämt-
lich — einschließlich der im Reichsetat ausgeworfenen — nicht aus der
Reichskasse, sondern von der Reichsbank bestritten, die eine von der Reichs-
kasse getrennte Vermögensverwaltung hat und juristisch überhaupt ein
anderes Rechtssubjekt darstellt als der Reichsfiskus. Für den besonderen
Etat der Schutztruppe ist seit 1902 die Anderung getroffen, daß ebenso
wie für den allgemeinen Etat im Reichsgesetzblatt nur noch ein Auszug,
der sogen. Hauptetat verkündet wird. Diese Anderung hat nur formale
Bedeutung; vgl. Reichstagsverhandlung v. 8. Jan. 1902 St.B. 3205; es liegt
dafür ebenso wie bei dem gleichen Verfahren, das für den allgemeinen Etat
eingeschlagen wird, kein anderer Grund vor, als der Wunsch das Reichs-
gesetzblatt nicht zu sehr mit Stoff zu überlasten. Wegen der besonderen
Form des Militäretats, die durch das System der Kontingentsverwaltung
und die Selbständigkeit Bayerns bedingt wird, val. Art. 58 S. 575.
IV. Die Bedentung des Etatsjahres.
Nach Art. 69 erstreckt sich die Etatsperiode auf ein Jahr. Dies be-
deutet, daß mit Ablauf des Etatsjahres das Etatsgesetz von selbst außer
Kraft tritt. Ursprünglich fiel das Etatsjahr mit dem Kalenderjahr zu-
sammen, seit dem Reichsges. v. 29. Febr. 1876 R. G. Bl. S. 121 beginnt
das Etatsjahr mit dem 1. April. Ein i. J. 1888 dem Reichstage vorgelegter
Gesetzentwurf, wonach die Etatsperiode sich auf zwei Jahre erstrecken sollte,
wurde abgelehnt, aber die Reichsverfassung verhindert nicht, daß gleichzeitig
der Etat für zwei aufeinander folgende Jahre vorgelegt wird. Dies ist in der
Reichstagssession von 1882/83 geschehen, in der die Etats für 1883/84 und
1884/85 festgestellt worden find; R.G.Bl. 1888 S. 5 und 125. Später
ist es nicht mehr vorgekommen, und diesem Verfahren steht das praktische Be-
denken entgegen, daß es immer schwieriger wird, die wirtschaftlichen Be-
dürfnisse des Reichs für einen weiteren als den unmittelbar bevorstehenden
Zeitraum zu übersehen; vgl. auch v. Jagemann S. 197f. Eine gewifsse ge-
schäftliche Erleichterung ist in Ansehung der zeitlichen Begrenzung des Etats
von der Praxis durch die Zulassung der Restverwaltung und der Vorschuß-
verwaltung geschaffen. Unter Restverwaltung versteht man die Verwaltung
der Reste eines Fonds in der Zeit nach Ablauf des Etatsjahres. Sie ist
jedoch nur zulässig, wenn die Zahlungspflicht des Reichsfiskus noch im Laufe
des Etatsjahres entstanden ist; nur unter dieser Voraussetzung wird der
von dem Fonds am Etats-Jahresschluß vorhandene Rest nicht als Ersparnis
angesehen und auch dies gilt nur noch für die Verwaltung des Heerwesens mit
Rücksicht darauf, daß sie von den Einzelstaaten geführt wird; die Restperiode
ist auf sechs Monate nach dem Bücherabschluß beschränkt und während der
Restperiode dürfen auf die noch offen gehaltenen Fonds keine Ausgaben für
das laufende Jahr und auf die Fonds des laufenden Jahres keine Aus-
gaben, die aus den Fonds des Vorjahres zu leisten find, bestritten werden.
Diese Einschränkung fällt weg für diejenigen Fonds, die von einem Jahre