XIII. Schlichtung von Streitigkeiten u. Strafbestimmungen. Art. 74. 667
zum Unfallverficherungsgesetz von 1900 eine Reform, die jedoch an dem
Widerspruch des Reichstags scheiterte. Durch § 6 des Ges. betr. Anderungen
im Finanzwesen v. 15. Juli 1909 R.G. Bl. S. 745 ist nunmehr bestimmt,
daß die Berufsgenossenschaften und die sonstigen Träger der Unfallversiche-
rung der Post entsprechende Vorschüsse zu leisten haben.
Schlußbestimmung zum X II. Abschnitt.
Auf die Ausgaben für das Bayerische Heer finden die Artikel 69
und 71 nur nach Maßgabe der in der Schlußbestimmung zum XI. Abschnitt
erwähnten Bestimmungen des Vertrages vom 23. November 1870 und der
Artikel 72 nur insoweit Anwendung, als dem Bundesrate und dem Reichs-
tage die Überweisung der für das Bayerische Heer erforderlichen Summe
an Bayern nachzuweisen ist.
Vgl. Art. 58 S. 574 ff. und 67 S. 613 ff.
XIII. Schlichtung von Streitigkeiten
und Strafbestimmungen.
Artikel 74.
Jedes Unternehmen gegen die Existenz, die Integrität, die Sicherheit
oder die Verfassung des Deutschen Reichs, endlich die Beleidigung des
Bundesrates, des Reichstages, eines Mitgliedes des Bundesrates oder des
Reichstages, einer Behörde oder eines öffentlichen Beamten des Reichs,
während dieselben in der Ausübung ihres Berufes begriffen sind oder in
Beziehung auf ihren Beruf, durch Wort, Schrift, Druck, Zeichen, bildliche
oder andere Darstellung, werden in den einzelnen Bundesstaaten beurteilt
und bestraft nach Maßgabe der in den letzteren bestehenden oder künftig
in Wirksamkeit tretenden Gesetze, nach welchen eine gleiche gegen den ein-
zelnen Bundesstaat, seine Verfassung, seine Kammern oder Stände, seine
Kammer= oder Ständemitglieder, seine Behörden und Beamten begangene
Handlung zu richten wäre.
Die Bestimmung des Art. 74 ist der Tendenz entsprungen, in Er-
mangelung eines gemeinsamen Strafrechts, das bei Emanation der Ver-
fassung des Norddeutschen Bundes noch nicht vorhanden war, die Straf-
verfolgung von Verbrechen des Hochverrats und Landesverrats sowie von
Beleidigungen gegen die Organe des Reichs in allen Bundesstaaten sicher-
zustellen. Durch den Erlaß des Reichs-Strafgesetzbuchs hat Art. 74 die
praktische Bedeutung verloren. Der Hochverrat ist dort in den §§ 81—86,
der Landesverrat in 88 87— 93, strafbare Handlungen gegen eine gesetzgebende
Versammlung des Reichs und deren Mitglieder in 88 105, 106, 339 und die
Beleidigung einer gesetzgebenden Versammlung des Reichs oder ihrer Mitglieder
sowie der Behörden und Beamten des Reichs in 88 196, 197 St. G.B. geregelt.