Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

459 Zweites Buch. Sechster Abschnitt. $ 158. 
Eine Zurücknahme des Wandergewerbescheines kann aus 
denjenigen Gründen stattfinden, welche zur Versagung desselben be- 
rechtigen, wenn dieselben entweder zur Zeit der Erteilung bereits 
vorhanden, aber der Behörde unbekannt geblieben oder erst nach 
Erteilung des Scheines eingetreten sind. Für das Verfahren bei 
Zurücknahme des Wandergewerbescheines sind die für Konzessions- 
entziehungen im stehenden Gewerbebetriebe geltenden Vorschriften 
maßgebend®’. Da die Entziehung nur aus gesetzlich bestimmten 
Gründen stattfinden darf, so eignet sich die Angelegenheit zur Er- 
ledigung im Wege des Verwaltungsstreitverfahrens®®. 
An die Stelle des Wandergewerbescheines tritt eine Erlaubnis 
der Ortspolizeibehörde für das Feilbieten gewisser, von dieser 
zu bestimmenden Waren bei öffentlichen Festen, Truppenzusammen- 
ziehungen oder anderen außergewöhnlichen Gelegenheiten ®®. 
Neben der allgemeinen persönlichen Erlaubnis ist für ge- 
wisse Arten des Gewerbebetriebes im Umbherziehen noch eine be- 
sondere sachliche oder örtliche Konzession erforderlich. 
Eine besondere sachliche Konzession wird erfordert für das 
Feilbieten von Druckschriften, anderen Schriften oder 
Bildwerken (Kolportage) [und das Aufsuchen von Bestellungen 
auf dieselben*°. Dafür] bedarf der Gewerbetreibende für die von 
ihm geführten einzelnen Druckschriften und anderen Gegenstände 
einer Genehmigung der zuständigen Behörde seines Wohnortes. Diese 
wird auf Grund eines eingereichten Verzeichnisses erteilt. Die Ge 
nehmigung muß versagt werden, darf aber auch nur dann versagt 
werden, wenn das Verzeichnis Druckschriften oder andere Gegen- 
stände enthält, welche in sittlicher oder religiöser Beziehung Ärgernis 
zu. geben geeignet sind oder mittelst Zusicherung von Prämien oder 
Gewinnen vertrieben werden [oder in Lieferungen erscheinen, wenn 
nicht der Gesamtpreis auf jeder Lieferung an einer in die Augen 
fallenden Stelle bestimmt verzeichnet ist]*!. Bei der Genehmigung 
des Druckschriftenverzeichni sind die für das Verfahren in Kon- 
zessionsangelegenheiten geltenden Vorschriften maßgebend“. Die 
hrung von anderen als genehmigten Druckschriften ist mit Strafe 
bedroht *®. 
Eine besondere örtliche Konzession wird erfordert: 
1. für das Darbieten von Musikaufführungen, Schau- 
stellungen, theatralischen Vorstellungen und sonst!‘ 
en Lustbarkeiten von Haus zu Haus, auf öffentlichen Wegen; 
traßen, Plätzen oder an anderen öffentlichen Orten. Diese Er- 
laubnis ist von der Ortspolizeibehörde zu erteilen **; 
37 Gew.O. $8 58, 68. 
. dm Rehm, 8 61°. 
n GewO. $ 59. 
- Meyer, Art. Kolportage H.W.B.? 8, 67. 
4 Gew.O.S 56. PR B 
“# Gew.O. $ 63. Das Verwaltungsstreitverfahren tritt ein in Preußen 
(V. vom 31. Dez. 1883 $ 3), und, soweit Verletzung von Rechten behauptet 
werden kann, auch in Bayern (G. vom 8. Aug. 1878 Art. 8 Nr. 8, vgl. mit 
Art. 13, Nr. 3) und Württemberg (G. vom 16. Dez. 1876 Art. 13). 
42 Gew.O. \ 148 Nr. 7a. 
+ Gew.O. S$ 60a, 148 Nr. 7b und $ 149 Nr. 2.
	        
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