Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

If. Auswärtige Verwaltung des Reiches. $ 170. 473 
Die Befugnis zur Vornahme von Eheschließungen, so- 
wie zur Beurkundung von Geburten, Heiraten und 
Sterbefällen steht nur denjenigen diplomatischen Vertretern und 
Konsuln des Reiches zu, welchen sie durch ausdrückliche Ermäch- 
tigung des Reichskanzlers beigelegt ist. Diese Ermächtigung 
wird nicht der betreffenden Behörde, sondern dem Gesandten oder 
onsul persönlich erteilt, sie‘ darf nur allgemein, d. h. nicht bloß 
für einzelne Fälle verliehen werden. Bei den diplomatischen Ver- 
tretern erstreckt sie sich auf das ganze Gebiet des Staates, bei dem 
Sie beglaubigt sind, bei Konsuln bloß auf ihren Amtsbezirk !!. Den 
andesgesetzgebungen ist vorbehalten, den angegebenen Beamten 
ausgedehntere und von einer besonderen Ermächtigung nicht ab- 
ängige Befugnisse dieser Art zu erteilen. Es finden ferner diejenigen 
rmächtigungen, welche durch Landesgesetz den Landesgesandten 
beigelegt sind, auch auf Reichsgesandte und Reichskonsuln Anwen- 
ung 1®, 
Die Ermächtigung zur Vornahme der betreffenden Akte kann 
sowohl für Reichsangehörige als auch für Schutzgenossen 
erteilt werden !®, Die Befugnis zur Vornahme von Eheschließungen 
besteht auch dann, wenn nur einer der Verlobten Reichsangehöriger 
oder Schutzgenosse ist!*. 
Der Eheschließung hat eine Untersuchung des Beamten 
darüber, ob die zur Eingehung einer Ehe nach den Gesetzen der 
eimat der Verlobten notwendigen Erfordernisse vorhanden sind, 
Sowie ein Aufgebot vorauszugehen. Letzteres erfolgt durch Aushang 
vor oder in der Kanzlei des Beamten und durch Bekanntmachung 
In einer am Amtssitze des Beamten erscheinenden Zeitung. Aus be- 
sonders dringenden Gründen kann der Beamte von dem Aufgebote 
ispensieren?®, Durch die Unterlassung des Aufgebotes oder der 
Ntersuchung über die Erfordernisse wird die Ehe nicht ungültig. 
ensowenig hat das Gesetz die Vernachlässigung der betreffenden 
Nicht mit.einer Strafe bedroht. Doch macht sich der Beamte durch 
Cine derartige Vernachlässigung disziplinarisch verantwortlich. [Die 
Eheschließung erfolgt dadurch, daß die Verlobten vor dem Beamten 
Persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit erklären, die Ehe mit- 
Sinander eingehen zu wollen. Der Beamte soll bei der Eheschließung 
In Gegenwart von zwei Zeugen an die Verlobten einzeln und nach 
©inander die Frage richten, ob sie die Ehe miteinander eingehen 
wollen, und nachdem die Verlobten die Frage bejaht haben, aus- 
Sprechen, daß sie kraft dieses Gesetzes nunmehr rechtmäßig ver- 
Tu 
Eheschließung vom 6. Febr. 1875 $ 85 den di 
5 . . $ 85. |Danach werden die Bestimmungen 
den RG, vor 4 Mai’1870 Qureh das P.t.0. nicht berührt] 
!URG. vom 4. Mai 1870 8 1. 
1" RG. vom 4. Mai 1870 $ 13. \ 
Bas RG. vom 4. Mai 1870 $ 1. R.G. vom 6. Febr. 1875 x 85. Über den 
egriff der Schutzgenossen vgl. $ 172? 
"RG. vom 4 Mai 1870 & 10. . 
15 RG. vom 4. Mai 1870 $$ 8—9 [in der durch E.G. z. B.G.B. Art. 40 
&eänderten Fassung. — Vgl. auch Mariolle, Die Eheschließung vor diploma- 
RL asapenten und Konsuln und ihre internationale Gültigkeit. Arch. f. Öff. 
“4, 459,
	        
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